17. Juli 2019

Klimawandelanpassungscoaching

Vorstandsmitglied Hermann-Josef Ehrenberg
Vorstandsmitglied Hermann-Josef Ehrenberg
Foto: Heike Rost, Mainz

Ein Beitrag zum Berufsbild der Architektenschaft

Man könnte auch provokativ sagen: das ist profession for the future, not only on „Friday“. Um mit selbstgefälligem Politikerton zu sprechen: lass das mal den Profi machen. Nein, die jungen Menschen machen uns was vor! Sie wagen etwas. Sie sind solidarisch – sie haben die besten Argumente: Ihre Teilhabe an der Zukunft! Ihre Teilhabe an Eigentum, nämlich an unveräußerlichem Eigentum der Gesundheit und Unversehrtheit von Leib und Leben. Das lenkt den Blick nicht nur des ökologischen Planers, sondern der gesamten Architektenschaft auf eine Zukunftsverantwortung, an der der Berufsstand täglich professionell teilhaben muss. Klimapolitik ist in aller Munde, es ist eine politische Sprechblase, in der Jahrzehnte alte Versäumnisse stecken. Versäumnisse, die global verortet sind. Das sind – ja – der Gletscherrückgang im spektakulären Hochgebirge, das ist das Schlittenhundegespann, das knöcheltief durch die tauende Arktis spritzt. Das sind die medialen climate-meetings in Rio, Paris oder Kyoto.

Die Bundesregierung hat die Anpassungsstrategie an den Klimawandel beschlossen; es gibt konkrete Empfehlungen, die zu erwartenden Chancen und Risiken des Klimawandels mit zu bedenken. Es geht um Vermeidung der Verletzlichkeit und um Stärkung der Anpassungsfähigkeit natürlicher,  gesellschaftlicher und ökonomischer Systeme. Es sind interdisziplinäre Maßnahmen auf zwei Säulen gebündelt worden und in thematische Handlungsfelder („Cluster“) gegliedert. Der 1. Fortschrittsbericht der Bundesregierung 2016 informiert über Tätigkeiten und Impulse, über Sachstand und erste Erfolge.

Der Klimawandel lenkt den Blick auf eine Zukunftsverantwortung, an der die Architektenschaft teilhaben muss.

Die Architektur ist seit langem bereits mit den bautechnischen Energievorschriften betraut, Landschaftsarchitekt und Stadtplaner finden erst seit einigen Jahren die klimarelevanten Rahmensetzungen des Bundes in den geänderten Bestimmungen des Planungs- und Baurechts wieder. Allein der neu formulierte Planungsleitsatz im Baugesetzbuch fordert den professionellen Planer auf, geeignete Festsetzungen zu treffen, die explizit die Anpassung an den Klimawandel aufzeigen. Das Berücksichtigungsgebot bleibt, die Abwägung der politischen Entscheider ist ein nach wie vor schwieriges Hindernis. Aber da beginnt für den Profi das, was der beredte Politiker an den leidenschaftlichen Freitags-Schülern eigentlich beneidet: die Unbedingtheit und die Verantwortungskultur.

Trotz globaler Klimasorgen, trotz nationaler Anpassungsstrategien, trotz regionaler Kompetenzzentren: allein die öffentliche Debatte über scheinbar unbedeutende Schottergärten in den vielen Neubaugebieten landauf, landab zeigt doch, welche Beharrungskräfte und scheinheiligen Pflegeargumente die gesellschaftliche Gesamtverantwortung ablehnen. Gebäude- und Energietechnik, das seit langem bewährte Handlungsfeld des Architekten, ist das eine. Die Überzeugungsarbeit in einer klimaangepassten Raumordnungs- und Stadtplanungsdebatte hingegen ist das andere, das Metier der Flächenplaner. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat den KlimawandelanpassungsCOACH erfunden. Er begleitet Kommunen bei der Initiierung und Fortführung der Klimaanpassung. Was machen da noch die Planer-Profis?

 

Archivbeitrag vom 17. Juli 2019