25. März 2011

Mehr Unterhaltung

Vizepräsident Gerold Reker über die Unterhaltung öffentlicher Gebäude - die Theorie und die Praxis

Je nach Semantik kann Unterhaltung etwas Schönes sein, Unterhaltung kann Freude machen, will Abwechslung bieten. Dabei muss sie nicht die Wirklichkeit eins zu eins abbilden. Unterhaltung am Bau - Bauunterhaltung - macht selten Freude, weil hier die Wirklichkeit eins zu eins abgebildet wird. Gebäude haben zu halten, fünfzig, sechzig Jahre und länger. Das tun sie aber nur, wenn sie unterhalten werden. Unterhaltung beginnt ab der Fertigstellung, denn ab da beginnt die Alterung. Viele öffentliche Bauten wurden in der Mitte des letzten Jahrhunderts gebaut. Je nach Kassenlage wurden sie mal mehr, häufig mal weniger unterhalten wie beispielsweise das Rathaus in Mainz von Arne Jacobsen.

Auch für den von den Städten, Gemeinden und Kreisen gemeinsam getragenen Fachverband für kommunales Management KGSt sind öffentliche Gebäude erhebliches volkswirtschaftliches Vermögen, das es zu sichern gilt. Soll es nicht zu einer Vernichtung von Vermögenswerten kommen, müssen kommunale Gebäude laufend sachgerecht unterhalten und instand gesetzt werden. Das wissen die Kommunen schon länger, doch das zwischenzeitlich von der kameralistischen Buchführung zur Doppik überführte Haushalts- und Rechnungswesen zeigt die Brisanz nun auch noch in der Bilanz. Werden dort doch Rechnungselemente eingeführt, die in der Kameralistik so nicht vorhanden waren, wie beispielsweise das Element der Abschreibungen und Rückstellungen. Die Folge ist, dass grundsätzlich eine Wertminderung anzusetzen ist, wenn nach fach- und sachgemäßer Untersuchung eine Instandhaltung greifen müsste, aber nicht durchgeführt wird. Das konnte die Kameralistik noch verschleiern. Wenn erkennbar ist, dass eine Instandsetzung nur nachgeholt werden kann, dies aber in vertretbarem Rahmen unrealistisch ist, muss außerordentlich abgeschrieben werden. Nur so lässt sich die Vermögenslage richtig aufzeigen. Aber auch nur so lässt sich die Gerechtigkeit zwischen den Generationen transparent und nachvollziehbar darstellen.

An der Bauunterhaltung mangelt es vielerorts, häufig ist Wegsehen bequemer. Zahlreiche öffentliche Gebäude wie Schulen, Kindertagesstätten, Sporthallen, Sportplätze, Rathäuser sind im Zuge unterlassener regelmäßiger Unterhaltungsmaßnahmen dringend sanierungsbedürftig. Gleiches gilt für öffentliche Grün- und Freianlagen, Straßen und Kanalisation. Das Konjunkturpaket II konnte nur bedingt und teilweise Abhilfe schaffen.

Nicht nur knappe Haushaltsmittel haben zu einem Investitionsstau der öffentlichen Hand geführt. In früheren Jahren wurde häufig nur geklärt, ob und wie eine Baumaßnahme finanzierbar ist. Heute ist aber eher entscheidend, ob und wie die daraus Jahr für Jahr zwangsläufig folgenden Instandhaltungs- und Bewirtschaftungsmittel aufgebracht werden können! Wurden früher Bauunterhaltungskosten oft als nicht vermeidbare „Sowieso“-Kosten angesehen, rücken sie heute zunehmend in den Focus. Versäumnisse zeigen sich in Form eines erkennbaren Sanierungsstaus oder in schlimmen Fällen ganz einfach durch marode Bausubstanz.

Vereinfachte Bemessungsverfahren ohne und etwas komplexere Bemessungsverfahren mit Einzelgewichtungen sind bekannt. Lebenszyklusbetrachtungen einzelner Objekte gibt es zuhauf, Vergleichsberechnungen verschiedener Herstellungsvarianten und Bereitstellungsformen liegen vor. DIN 18 960 „Nutzungskosten im Hochbau“, HOAI § 3 Abs. 10 „Instandsetzungen“, die II. Berechnungsverordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen, die „Wartung 2002“ des Arbeitskreises Maschinen und Elektrotechnik (AMEV) u.a. beschreiben die Zusammenhänge. In diesen Regelwerken werden Begriffe definiert und Gliederungen vorgegeben. Gute Hinweise gibt auch das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern BKI beispielsweise in seiner Festschrift Bauökonomie.

Hinweise zur Planung und Durchführung der Instandsetzung sind in der Regel nicht enthalten! Wer soll diese Planung leisten? Wer soll die Umsetzung technisch richtig steuern? Die Kommunen mit unterbesetzten Ämtern?

Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz ist wie der KGSt der Meinung, dass geeignetes Projektmanagement für eine reibungslose und planungsgemäße Durchführung sorgen kann. Die Weichen für wirtschaftliches Bauen und die Einhaltung der Kosten- und Projektplanungen werden schon lange vor dem ersten Spatenstich gestellt. Die Begleitung von Bauplanungen, Koordinierung von Maßnahmen und ihrer Projektabläufe, Steuerung der investiven Mittel sind einige der wesentlichen Eckpunkte eines modernen Controllings von Bauinvestitionen. Es stellt Transparenz über die jeweiligen Projektstände her, lässt Risiken frühzeitig erkennen und ermöglicht so Kommunen, ungeplante und kostspielige Nachträge weitgehend zu vermeiden. Bei immer größerer Ausdünnung der kommunalen Bauabteilungen wäre hier ein weites Betätigungsfeld für Architekten und Ingenieure.

Voraussetzung für eine kontinuierliche Pflege der öffentlichen Infrastruktur bleibt die Sanierung der Finanzen von Bund, Ländern und Gemeinden. Darüber hinaus braucht Rheinland-Pfalz ein Infrastrukturkonzept auf allen Ebenen, um den Wert der vorhandenen Bausubstanz langfristig zu sichern und die Infrastruktur - wo notwendig - auszubauen und gegebenenfalls auch durch Rückbau zukunftsfähig zu machen. Dies fördert den Wohn- und Wirtschaftsstandort Rheinland- Pfalz und kommt neben den Nutzern besonders der regionalen mittelständischen Wirtschaft zugute.

  

Archivbeitrag vom 25. März 2011