14. Februar 2022

Nachhaltige Zukunft bauen

Architekt Jakob Grün
Architekt Jakob Grün
Foto: Seweryn Zelazny, Mainz

Architekt Jakob Grün, 32, über sein Selbstverständnis als Architekt, Teamwork, Digitalisierungsprozesse und Ressourcenschonung

Herr Grün, Sie sind 32 Jahre alt und angestellter Architekt im Büro ER + R architektur in Kaiserslautern. Woran arbeiten Sie zurzeit? In welche Projekte sind Sie involviert?
Ich betreue aktuell den Bau eines Verwaltungsgebäudes mit einer angrenzenden Lagerhalle für die Firma Draht-Hemmer in Kaiserslautern. Das neue Gebäude haben wir viel effizienter und kompakter umgesetzt als den Vorgänger. Um vor Witterung zu schützen, haben wir dem energieeffizienten Holzbau außerdem eine Sinuswelle vorgehängt. Der Einzugstermin wird voraussichtlich der 9. März sein. Wir haben uns mit diesem Projekt auch schon beim Tag der Architektur beworben.
Ein weiterer Schwerpunkt unseres Büros ist der Sakralbau. Obwohl ich selbst in diesem Bereich noch nicht tätig war, pflegen wir in unserem Büro eine sehr offene Kommunikation. Wir verstehen uns prächtig und entsprechend kommunizieren wir auch miteinander, sprechen uns ab und beraten uns gegenseitig. Dadurch bekomme ich auch sehr viel von den Projekten meiner Kolleginnen und Kollegen mit. Natürlich sind wir auf diesen Schwerpunkt auch sehr stolz. So war unser Büro etwa an Planungsprozessen zum Speyerer Dom beteiligt.

Ein Blick auf die Homepage von ER + R architektur zeigt, dass das Büroteam sehr jung ist. Was sind die Vorteile, in einem solchen Team zu arbeiten?
Die Entwicklung von Konzeptideen und das gemeinsame Brainstorming sind ganz wichtige Methoden in unserer Arbeit. Ich bekomme regelmäßig Gänsehaut, wenn sich der Kreis zum Ende schließt, alles passt und nachvollziehbar wird. 
Ein weiterer Punkt ist die IT: Als ich hier angefangen habe, haben wir noch mit einem Zeichenprogramm gearbeitet, dessen Möglichkeiten begrenzt sind. Mit der Zeit konnten die jüngeren Kolleginnen und Kollegen jedoch alle davon überzeugen, auf ein anderes Produkt umzustellen. Das neue Programm kannte ich aus Studienzeiten. Das Besondere: Es stellt sowohl moderne 3D-Planung als auch BIM Technologie bereit. BIM umzusetzen ist ein Prozess und geht nicht von heute auf morgen. Als junges Team sind wir aber sehr offen für einen solchen Prozess der Digitalisierung. 

Welchen Beitrag können junge Architektinnen und Architekten in Zeiten von Klimawandel und Ressourcenverknappung leisten?
Nachwachsende Rohstoffe einzusetzen, ist ein wichtiger Punkt. Also zum Beispiel Holz anstatt Beton. Das haben wir bei dem eingangs beschriebenen Gebäude auch getan, in dieser Größenordnung war es allerdings das erste Projekt, das wir so umsetzen konnten. Es könnte sein, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen besonders darauf hingewirkt haben, aber das Projekt ist natürlich gemeinsam gewachsen und im Nachhinein lässt sich das nicht mehr so genau sagen. Als der Bauherr zugestimmt hat, war die Freude natürlich riesig. Aber auch darüber hinaus versuchen wir möglichst viele umweltfreundliche Baustoffe einzusetzen. Zudem haben wir noch ein Energieberatungsbüro, die Renergie, an unser Büro angeschlossen und können so auch die Leistungen zur Energieeffizienz von Gebäuden direkt abrufen. 

Im Büro ER + R sind fast alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kammermitglieder, Sie auch. Was war Ihr wichtigster Grund, Kammermitglied zu werden?
Für mich war das schon im Studium klar. Ich bin wahnsinnig stolz darauf, mich Architekt nennen zu dürfen. Wenn ich den Beruf ausübe, dann auch in jeder Hinsicht. In meinem Selbstverständnis trägt der Architekt die Verantwortung dafür, dem gesellschaftlichen Leben einen guten Raum zu geben und das nicht nur für uns und jetzt, sondern auch für zukünftige Generationen. Dazu gehört es etwa, Gebäude schon heute so zu planen, dass sie im Laufe ihres Daseins auch mal die Funktion ändern können. Vorbeugend, wirtschaftlich und nachhaltig, das sind Aspekte, die gute Architektur definieren. Das umzusetzen, erfordert eine gewisse Kompetenz, und diese Berufsbezeichnung ist für mich ein Synonym dafür. 

Im vergangenen Jahr haben Sie für die Vertreterversammlung kandidiert und sind dabei auch gewählt worden. Was möchten Sie hier für Ihren Berufsstand bewirken?
Für mich ist es das erste Mal, dass ich so eine Position antreten darf und ich muss erst einmal verstehen, wie die VV im Detail funktioniert. Was ich aber versprechen kann, ist, dass ich wahnsinnig motiviert bin. Wie mein Engagement dann inhaltlich aussehen wird, das wird sich noch herausstellen. Einem Vorabgespräch mit den Kolleginnen und Kollegen der kommenden VV aus dem Raum Kaiserslautern konnte ich jedoch entnehmen, dass es womöglich eine Arbeitsgruppe zum Thema energetisch-effizientes Bauen geben wird. Und das ist natürlich ein Punkt, der auch mich als Architekt besonders antreibt. Hier Aufgaben zu übernehmen, könnte ich mir sehr gut vorstellen. Zum Beispiel finde ich es sinnvoll darüber nachzudenken, wie man große, in erster Linie auf Wirtschaftlichkeit ausgelegte Baufirmen, motivieren könnte, verstärkt auf nachwachsende Rohstoffe zu setzen. Zwar gibt es im neuen Gebäudeenergiegesetz entsprechende Vorgaben zum energieeffizienten Bauen, möglicherweise müsste es aber weitere Richtlinien bezüglich der zu verwendenden Werkstoffe geben. 

Das Interview führte Melanie Schulz