27. Januar 2020

Vom Vorgarten bis zur Parkanlage

Dagmar Jankwitz
Landschaftsarchitektin Dagmar Jankwitz
Foto: Jankwitz

Landschaftsarchitektin Dagmar Jankwitz spricht im Interview über ein spannendes Aufgabenfeld im Wandel.

Frau Jankwitz, was fasziniert Sie an Ihrer Tätigkeit als freischaffende Landschaftsarchitektin?

Mich begeistern die immer wieder neuen Aufgaben. Ich betreue verschiedenste Projekte – von der Neuanlage über Beratung bis hin zu Umbau und Modernisierung alter Gärten. Dabei gleicht keine Baustelle der anderen, und man kann mit jeder neu gesetzten Pflanze zu einem besseren Klima und einer lebenswerteren Umwelt beitragen.

Klimawandel und Globalisierung stellen Landschaftsarchitekten vor neue Herausforderungen...

In der Tat, man muss mehr als bisher auf die landschaftlichen und klimatischen sowie die den Boden betreffenden Gegebenheiten Rücksicht nehmen. Auch südländische Gehölze finden jetzt den Weg in unsere Gärten. War ein Baumschulkatalog zu meiner Lehrzeit noch ein schmales Büchlein, umfasst es heute mehr als 1.000 Seiten. Man hat eine riesige Palette an Pflanzen aus der ganzen Welt zur Verfügung. Einige Arten wie beispielsweise Schmetterlingsflieder werden allerdings zu invasiven Arten. Früher froren sie jeden Winter zurück; nun kommen sie zur Samenreife und verbreiten sich dadurch immens. In London kann man das besonders gut beobachten, wo sie auf Kaminen und in Dachrinnen langsam zum Fluch werden. In Saarbrücken entlang der Saar kann man dieses Phänomen auch beobachten. Gleichzeitig setzen diese Pflanzen aber auch leuchtende Farbakzente und schenken vielen Insekten Nahrung.

Macht sich auch der demografische Wandel bemerkbar?

Ja, durchaus. Zur Neuanlage von Gärten kommt immer öfter die Umgestaltung von alten Gärten. Hier gilt es, den erhaltenswerten Bestand zu erkennen und durch zeitgemäße Pflanzen und Elemente zu ergänzen. Das vorhandene Gerüst kann durch behutsamen Schnitt wieder in Form gebracht werden. Konzepte zur Vereinfachung der Pflege helfen den Bewohnern auch im fortgeschrittenen Alter weiterhin ihr Gartenreich genießen zu können. Dies leistet wiederum einen unbezahlbaren Beitrag zur Gesundheit der Gartenbesitzer.

Wie hat sich das Bewusstsein für Grün verändert?

Viele Gartenbesitzer befassen sich intensiver mit ihrem grünen Reich und sind sehr interessiert. Leider beobachte ich aber auch die gegenläufige Entwicklung. Manchen jungen Leuten fehlt es an einem „grünen“ Verständnis. Fragen wie „Hätte ich das gießen müssen?“ oder „Hätte ich den Topf vor dem Pflanzen abmachen müssen?“ erschrecken mich und zeigen mir, dass Schulwissen und Handy alleine nicht reichen...

Was sind wichtige (Zukunfts-)Themen für den Berufsstand?

Wissen weitergeben, Begeisterung für unseren Berufstand bei jungen Leuten wecken und ihnen klar machen, dass man in unserem Beruf diese Welt so gestalten kann, dass man sich darin wohl fühlt. Letztlich sind es doch die kleinen Dinge, die uns glücklich machen, wie ein frisch vom Baum gepflückter oder aus dem taubenetzten Gras aufgelesener Apfel. Kurz: Grüne Infrastruktur schafft Mehrwert für die Lebensqualität, wenn Ökologie, Ästhetik und Funktionalität zusammenkommen und der „genius loci“ erkannt wird.

Warum sollten sich Studierende für ein Landschaftsarchitekturstudium entscheiden?

Alles in allem gibt es in unserem Beruf stets neue Herausforderungen, jedes Projekt ist anders, es wird niemals langweilig. Das Spektrum reicht vom Vorgarten bis zur Parkanlage, stets hat man mit anderen Dimensionen zu tun, und man kann aktiv an der Gestaltung der Umwelt mitwirken.

Vielen Dank für das Gespräch.