21. Oktober 2011

Engagement für Mehrwert

Kammerpräsident Stefan Musil resümiert die Arbeit der Vertreterversammlung in der Ende 2011 ablaufenden Legislaturperiode und ruft alle Architekten, Stadtplaner, Landschafts- und Innenarchitekten auf, die Möglichkeit der Einflussnahme zu nutzten und bei der Wahl der Vertreterversammlung ihre Stimme abzugeben. "Ein starkes berufspolitisches Parlament braucht eine starke Legitimation!"

Es ist soweit, die Mitglieder, die für die Vertreterversammlung kandidieren, stehen fest. Die Liste mit den Namen finden Sie auf der folgenden Seite. Die Wahlunterlagen haben alle rheinland-pfälzischen Architekten, Stadtplaner, Innen- und Landschaftsarchitekten in den vergangenen Tagen per Post erhalten. Zwischen dem 10. und 16. November können Sie nun bequem per Briefwahl Ihre Vertreterinnen und Vertreter wählen. Ein starkes berufspolitisches Parlament braucht eine starke Legitimation, nutzen Sie deshalb diese Möglichkeit der Einflussnahme und geben Sie Ihr Votum ab! An der Nahtstelle von alter und neuer Wahlperiode stehen Aufbruch und Kontinuität, Rückblick und Neuanfang nebeneinander. Da ist es an der Zeit, einen Blick auf die Arbeit der noch amtierenden Vertreterversammlung zu werfen, verbunden mit meinem Dank und dem Respekt vor dem großen ehrenamtlich erbrachten Engagement. Die vergangenen fünf Jahre waren keine ruhige Zeit, es gab vielfältige Aufgaben, von denen einige inzwischen bewältigt sind, andere werden auch noch die neue Vertreterversammlung beschäftigen und fordern.

HOAI

Eines der bedeutenden Themen war die Novellierung der HOAI. Nachdem die Verhandlungen Ende 2007, am Anfang der VII. Legislaturperiode, festgefahren waren und ein Verlust der HOAI drohte, ist es doch noch gelungen, sie mit allen Leistungsphasen, Tabellenendwerten und Abschlagszahlungen zu erhalten - wohlgemerkt gegen erhebliche politische Widerstände. Mit der Novelle konnte auch eine zehnprozentige Erhöhung der Honorarsätze erreicht werden. Ganz ohne Zugeständnisse unsererseits war dies jedoch nicht möglich. Um eines der wichtigsten Ziele der Novelle, die geforderte Europakonformität, zu erreichen, wurde die Gültigkeit auf Architekten mit Sitz im Inland beschränkt. Am 18. August 2009 trat die neue HOAI in Kraft. Allerdings ist nach der Novelle vor der Novelle: Die derzeitige Vertreterversammlung hat seit 2009 daran gearbeitet und die neuerliche Novellierung wird auch die kommende Vertreterversammlung noch beschäftigen. Von Seiten der Architekten ist das Hauptziel beim Bauen im Bestand die Einbeziehung der vorhandenen Bausubstanz in die Vergütungsberechnung - entsprechend der alten HOAI, inklusive zehnprozentiger Erhöhung - wieder festzuschreiben. Architektin Sabine Hahn und die Landschaftsarchitekten Klaus-Dieter Aichele und Hermann-Josef Ehrenberg arbeiten für uns auf BAK-Ebene an dem Novellierungsvorschlag mit.

Vergabe und Wettbewerbe

Ausgiebig wurde in beinahe jeder Versammlung über das Vergabe- und Wettbewerbswesen diskutiert. Die Problematik ist hinlänglich bekannt: Mangelnde Transparenz und zuweilen überhöhte Zugangsvoraussetzungen bei VOF-Verfahren erschweren vor allem jungen und kleineren bis mittelständischen Büros den Marktzugang und wirken konzentrationsfördernd. Gleichzeitig werden kaum noch Wettbewerbe ausgelobt. Mein Dank geht in diesem Zusammenhang an die Mitglieder des Ausschusses A4, die in vielfältigen Gesprächen mit Auslobern Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit leisten. Seit Beginn dieser Legislaturperiode versucht der Ausschuss zudem vermehrt private Bauherren für die Durchführung von Wettbewerben zu gewinnen. Ein zähes und mühsames Unterfangen, das aber mit der Auslobung des Bopparder Baumaschinenherstellers BOMAG für sein neues Kundenzentrum einen ersten Erfolg gezeigt hat.

Energieeffizientes Bauen

Ein Dauerthema ist auch das energieschonende Bauen. Im Zusammenhang mit der geforderten sinnvollen Energieeinsparung beim Betrieb von Gebäuden hat sich eine Dynamik beim Erlass von ordnungsrechtlichen Vorgaben und Fragen des fachlichen und rechtlichen Vollzugs entwickelt, die kaum noch zu überblicken ist. Das Energie- und Wärmegesetz (EEWärmeG) ist in Kraft getreten, ebenso wie die EnEV2009. Es wurde eine Zertifizierung von Energieberatern durch die EOR gefordert. Nun hat die Bundesregierung beschlossen, eine qualifizierte Expertenliste für Bundesförderprogramme einzuführen. Verhindert werden konnten überzogene Anforderungen und die Exklusivität eines Anbieters. Dennoch bleibt es Aufgabe der Kammern, den Wildwuchs einer unüberblickbaren Zahl von Listen und Zertifikaten einzudämmen. Sie tragen in ihrer Vielzahl sicherlich nicht zur Information der Verbraucher bei, sondern dienen oft genug lediglich dem Gewinnstreben der Anbieter. Ziel der Kammer ist es, deutlich zu machen, dass Architekten qua ihrer Ausbildung über das nötige Fachwissen längst verfügen.

Darüber hinaus gab es vielfältige weitere Themen, hier ein Auszug: Die Berufsordnung ist novelliert worden. Es ist gelungen, die geplante Entkoppelung von Bauvorlageberechtigung und Berufsbezeichnung abzuwehren. Der Bologna-Prozess hat uns viele Jahre beschäftigt und wird dies auch weiterhin tun und auch mit der gesellschaftlichen Stellung des Berufsstandes hat sich die Vertreterversammlung in den vergangenen Jahren eingehend beschäftigt. Wie diese und andere Aufgaben gelöst werden, dies bestimmt die Vertreterversammlung entscheidend mit. Daher danke ich nicht nur den jetzigen Mitgliedern, sondern bereits jetzt allen Kandidaten für ihre Bereitschaft, sich ehrenamtlich für alle Architekten, Stadtplaner, Innen- und Landschaftsarchitekten im Land zu engagieren.

Stefan Musil
Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz
im DAB 11/2011