18. September 2013

Drei, zwei, eins... null?

Edda Kurz
Vizepräsidentin Edda Kurz
Foto: Heike Rost, Mainz

Drei, zwei, eins ... null? In der Oktober-Ausgabe 2013 des Deutschen Architektenblattes spricht sich Vorstandsmitglied Edda Kurz gegen einen reinen Preiswettbewerb bei Vergaben öffentlicher Auftraggeber unterhalb des Schwellenwertes aus

VOF-Vergabeverfahren sind seit einigen Jahren ein immer wieder vieldiskutiertes Thema im Hinblick auf angemessene Zugangskriterien und Bewerbungsvoraussetzungen, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit liegen. Wettbewerbe als Vergabeverfahren sind ein Idealziel im Sinne einer Qualitätssteigerung der öffentlichen Bauprojekte. - Doch was ist mit den täglichen Vergaben von Architektenleistungen durch öffentliche Auftraggeber, den „Allerweltsvergaben“? 95 Prozent aller Architektenaufträge liegen unter dem Schwellenwert und 99 Prozent werden ohne Wettbewerb vergeben. Wie sieht also die gängige Praxis im Alltag aus?

Auch unterhalb der Schwelle haben öffentliche Auftraggeber die Maßgabe, wirtschaftlich zu handeln und Aufträge transparent zu vergeben. Dies hat in den letzten Jahren zu einer Praxis geführt, bei der diese Randbedingungen dahingehend grob vereinfacht interpretiert werden, dass für diese kleineren und mittleren Architektenaufträge ein reiner Preiswettbewerb durchgeführt wird. Zwar hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass Architektenleistungen nach der Honorarordnung vergütet werden, insofern ein einheitliches Preisrecht verbindlich ist, dennoch wird versucht, dies auszuhebeln, indem vergabeentscheidend die Prozentsätze für Nebenkosten abgefragt werden und Stundensätze für eine fiktive Anzahl von Stunden für besondere Leistungen, die nach der Aufgabenstellung weder veranlasst, noch zu erwarten sind. Im Übrigen sind es die gleichen Auftraggeber, die bei VOB-Vergaben eine Abfrage von Stundenlohnleistungen oder -sätzen im Leistungsverzeichnis nicht zulassen. Und kann eine Differenz von einem Prozent des Nettohonorars bei den Nebenkosten tatsächlich ein ausschlaggebender Faktor für die Vergabe eines Architektenauftrags sein? Schließlich wird beim Bauen im Bestand der Umbauzuschlag als weiteres Zünglein an der Waage herangezogen. Dabei wird verkannt, dass es sich bei diesem Zuschlag nicht um einen beliebigen Bonus handelt, den der Architekt nach Gutdünken ansetzt, sondern auch hier ein Äquivalent zu einem erhöhten Aufwand bei Leistungen im Bestand in der Rechtsverordnung verankert ist.

Die HOAI ist - gerade „rundum erneuert“ - von allen Beteiligten begrüßt worden. Die Novellierung ist Ergebnis einer intensiven und sehr detailgenauen Diskussion, in der die Leistungsbilder und ihre Bewertung und In-Wert-Setzung überprüft und in Abstimmung des Interessensausgleichs festgelegt wurden. Man kann demnach davon ausgehen, dass vergleichbare Leistung ein vergleichbares Honorar benötigt, wenn ein Architekt wirtschaftlich handelt. Der Umkehrschluss liegt nahe, dass man als Auftraggeber, wenn man auf reine Preisunterbietung abzielt, eben keine in der Qualität vergleichbare Leistung erhält. Es stellt sich die Frage, ob diese Art der „Angebotsabfrage“ der Architektenleistung gemäß ist.

3,2,1...
Auf der anderen Seite kann man die Berufskollegen nur dazu aufrufen, sich nicht in diese Spirale einzureihen. Umbauzuschlag Null, Nebenkosten Null und ein Stundensatz, den kein Handwerker so kalkulieren würde. … finden wir uns als Teilnehmer einer Rückwärtsauktion wieder?

Architekten sind Partner des Bauherrn
Ist diese Art Auftragsvergabe für den Bauherrn geeignet, einen Architekten als Partner zu finden, als seinen Sachwalter? Der Architekt ist der Treuhänder des Bauherrn, wurde uns seit den ersten Studientagen eingeprägt - wie aber sieht der Bauherr seinen Architekt? Schätzt er ihn als gleichberechtigten Partner, mit dem zusammen er ein Bauwerk schafft - oder sucht er einen Dienstleister, einen Erfüllungsgehilfen und ganz am Ende einen Prügelknaben für alles, was schief läuft, insbesondere in Bezug auf Kosten und Termine? Die Medienberichte über Großprojekte, wie Elbphilharmonie oder Flughafen BER, unterstützen dieses letztere Bild eindrucksvoll und nachhaltig.

Nun liegt auch hier, wie in jedem partnerschaftlichen Verhältnis, die Ursache sicher nicht nur auf einer Seite - das Bild des Architekten als angesehenen Partner des Bauherrn, mit dem man vertrauensvoll und auf Augenhöhe ein gemeinsames Ziel verfolgt, müssen wir alle durch entsprechende Leistungen aufbauen und pflegen. Diese Leistungen sind ihr Geld wert und werden deshalb in unserem Berufsstand auch einheitlich nach der HOAI abgerechnet.

  

Archivbeitrag vom 18. September 2013