18. Mai 2020

Beruf und Familie vereinbaren

Ein starkes Team: Filip, Ernst und Hanna Eichler
Ein starkes Team: Filip, Ernst und Hanna Eichler
© EICHLER Architekten

Job und Familie miteinander vereinbart zu bekommen – vor dieser Herausforderung stehen Eltern derzeit mehr denn je. Wie sie den Spagat zwischen Beruf und Familie meistern, haben uns Hanna und Filip Eichler von EICHLER Architekten (Alzey) im Gespräch erzählt.

Im familiengeführten Architekturbüro sind Sie beide in leitender Position tätig. Sie Frau Eichler vorwiegend in der Planung, Sie Herr Eichler in der Projektüberwachung. In der Coronakrise hat die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine ganz neue Dimension bekommen. Wie bringen Sie beides unter einen Hut?

Hanna Eichler: Die Trennlinien zwischen Beruf und Familie lösen sich in der Organisation der Kinderbetreuung und beruflichen Aufgaben auf. Die aktuelle Situation ist eine Herausforderung, der wir uns täglich aufs Neue stellen. Da wir aber schon vor der Coronakrise sehr gut Hand in Hand gearbeitet haben und uns immer eng abstimmen, war die Umstellung für uns nicht so extrem. Natürlich müssen wir jetzt schauen, dass wir auch die Betreuung der Kinder tagsüber abdecken. Dabei wechseln wir uns ab. Wir schauen: Wer kann was im Homeoffice erledigen? Wer hat wann wichtige Termine, die nicht von zu Hause zu bewerkstelligen sind? Wer braucht wann ein Zeitfenster, sei es für die Arbeit im Büro oder auf der Baustelle? Gutes Zeitmanagement ist das A und O! Letztlich ist es aber entscheidend, den Kindern in dieser Ausnahmesituation einen gewissen Rhythmus, ja eine gewisse Regelmäßigkeit zu bieten: Mama ist vormittags zu Hause, Papa nachmittags. Zugleich muss man auch auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen Rücksicht nehmen und schauen, wer was braucht. Man darf eben nicht nur seine Arbeit „durchboxen“, sondern muss eine gute Balance finden. Dabei hilft es, die Arbeit in kleinere Päckchen einzuteilen. So sieht man nicht mehr einen großen Berg vor sich, sondern nur noch kleinere Höhen, die leichter zu bewältigen sind.

Man muss sich realistische Ziele stecken und als Team agieren. Denn nur gemeinsam kann man die Krise meistern.
Hanna Eichler

Filip Eichler: Man kann keine Baustelle aus dem Homeoffice führen. Es gibt Termine, die man einhalten muss. Programme zur digitalen Baudokumentation schaffen jedoch Zeit und Effektivität. Manchmal  kollidieren unsere Terminkalender.
Zum Glück können wir dann auf ein Notfallnetzwerk von Familie und engen Freunde zurückgreifen.

Wie stellen Sie in Ihrem Architekturbüro in Alzey die betrieblichen Abläufe sicher, wenn Beschäftigte ihre Kinder zu Hause betreuen müssen?

Filip Eichler: Meine Schwiegereltern sind die Konstante im Büro. Sie halten alles zusammen. Die betrieblichen Abläufe können weitgehend normal weiterlaufen, da nur wenige Mitarbeiter derzeit ihre Kinder zu Hause betreuen und wir schon vor Corona Homeoffice und flexible Arbeitszeiten hatten. Von Homeschooling und Kinderbetreuung sind wir mit am stärksten betroffen. Dabei wägen wir ab: Wie viel Homeoffice ist sinnvoll? Oder ist es nicht besser, ein Zeitfenster zu haben, wo ich im Büro konzentriert arbeiten kann, auch wenn es manchmal etwas früher am Morgen oder später am Abend ist? Denn es ist ein Trugschluss, dass man im Homeoffice bei paralleler Kinderbetreuung genauso effizient arbeitet wie im Büro. Versucht man beides zeitgleich zu stemmen, bleibt man oft hinter den eigenen Erwartungen zurück.

Hanna Eichler: Da kann ich mich meinem Mann nur anschließen. In der aktuellen Situation ist es wichtig, sich realistische Ziele zu setzen. Es ist eben anders als sonst. Wenn man die Ziele zu hoch steckt, ist der Frust umso größer, wenn es nicht funktioniert. Homeoffice ist gut und wichtig. Das Bürogefüge und der persönliche Austausch dürfen dadurch aber nicht verloren gehen.

Wirken tradierte Rollenbilder noch?

Hanna Eichler: Wir versuchen uns, gerade in der jetzigen Zeit, gegenzeitig maximal zu unterstützen und die jeweiligen Stärken im Alltag und im Beruf einzusetzen. Natürlich können sich da auch tradierte Rollenbilder wiederfinden. Wenn alle – die Kinder eingeschlossen – mithelfen, können wir die derzeitige Situation gemeinsam bewältigen, ohne in klassische Klischees zu verfallen.

Was nehmen Sie aus der Coronazeit in die hoffentlich bald anbrechende Normalität mit?

Hanna Eichler: Die Kinder im Alltag stärker miteinzubinden. Und vor allem Gelassenheit. Man muss flexibel bleiben, aufeinander Rücksicht nehmen und eine klare Linie schaffen – beruflich wie privat.

Vielen Dank für das Gespräch.