27. Januar 2020

Mehr Grün

André Jankwitz
André Jankwitz, Leiter des Garten- und Grünflächenamtes der Stadt Pirmasens
Foto: privat

André Jankwitz leitet seit 2000 das Garten- und Grünflächenamt der Stadt Pirmasens und wurde im Sommer 2019 als Sprecher an die Spitze der GALK*-Landesgruppe Rheinland-Pfalz / Saarland gewählt. Im Interview berichtet er über seine Leidenschaft zur Landschaftsarchitektur und ein abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld.

Herr Jankwitz, was begeistert Sie an Ihrer Tätigkeit?

Ich kann aktiv die Umwelt im Stadtgebiet von Pirmasens gestalten, meine Ideen einbringen und auch realisieren. Das Aufgabengebiet ist sehr vielfältig, mit allen Herausforderungen, die eine Stadt im Umbruch – die einstige Industriestadt entwickelt sich zur Dienstleistungsstadt mit touristischem Angebot – birgt. Trotz hoher Verschuldung konnte ich doch einiges bewirken. Beispielsweise habe ich die Grobplanung der Gartenschaubewerbung 2000 in Rheinland-Pfalz weiterentwickelt. Entstanden ist der Strecktalpark, ein 14 Hektar großer Bürgerpark, der auf einer Industriebrache errichtet wurde. Er wird für Veranstaltungen und Messen genutzt, lädt zum Spazierengehen und Verweilen ein und ist als neuer Mittelpunkt gar nicht mehr aus der Stadt wegzudenken.


Worin liegen Unterschiede zu freischaffenden Landschaftsarchitekten?

Ich plane nicht nur einzelne Projekte, sondern kann viele langfristig aneinanderreihen, sodass ein durchgängiges Konzept erkennbar wird. Das kann auch mal 20 Jahre dauern. Dazu kommt, dass ich auch für die Unterhaltung der Anlagen zuständig bin und damit auch die Folgekosten im Blick haben muss.

Klimawandel und Globalisierung stellen Landschaftsarchitekten vor neue Herausforderungen. Wie macht sich dies bemerkbar?

Gerade in der Innenstadt macht sich der Klimawandel drastisch bemerkbar. Hat es in der Vergangenheit im Sommer öfters geregnet, haben wir jetzt Verhältnisse wie in der Vorderpfalz. Die Innenstadt ist zum Extremstandort für Pflanzen geworden. Vor allem Straßenräume und Stadtplätze haben mit Hitze, Strahlung und Trockenheit zu kämpfen. Angesichts dieser Entwicklung müssen wir umdenken. Wir können nicht mehr nur heimische Pflanzen verwenden, sondern müssen neue, standortgerechte und zugleich pflegearme Pflanzen finden. Durch die Globalisierung nehmen zudem Krankheiten und Schädlinge zu, sodass wir unsere Mitarbeiter regelmäßig schulen müssen. Hinzu kommt, dass Zusammenhänge bisweilen gar nicht gesehen werden, etwa die Strahlenbelastung von Bäumen durch Reflexion heller Fassaden und Beläge oder die nächtliche Überhitzung durch Versiegelungen und Schottergärten. Statt diese zu verbieten, geht die Kommune mit gutem Beispiel voran – mit Erfolg. Kürzlich sind wir vom Bund der Steuerzahler für unser Grünflächen-Konzept ausgezeichnet worden. Dieses setzt auf ehrenamtliches Engagement und Umwandlung ungenutzter Rasenflächen oder pflegeintensiver Beete an Straßen in pflegearme Blühwiesen.

Wie hat sich das Bewusstsein für Grün verändert?

Es findet ein Umdenken statt. Derzeit befinden wir uns im Stadtgrün-Labeling-Prozess zur Förderung der Biodiversität. Dabei wollen wir die Bürger mitnehmen, sie auf allen Ebenen in den Planungsprozessen beteiligen, sei es bei einer Straßen- oder Spielplatzplanung. Denn Partizipation ist der Schlüssel zum Erfolg: Planungen werden dadurch wesentlich nachhaltiger, Bürger identifizieren sich mit ihren Anlagen und gehen auch sorgfältiger damit um.

Hat sich durch die im Weißbuch-Prozess forcierte Diskussion um die Bedeutung des Stadtgrüns die Position der Grünflächenämter gestärkt?

Auf die größeren Städte trifft das sicherlich zu, wie der Austausch in der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) gezeigt hat. Bis es zu den kleineren Kommunen durchgedrungen ist, wird es wohl noch etwas dauern.

Was sind derzeit die wichtigsten Themen für den Berufsstand?

Die Zusammenarbeit zwischen den Fachplanern wird immer wichtiger, auch bei Wettbewerben. Schließlich bedarf es in der Regel keiner Standard-Lösung, sondern eines individuellen Konzepts. In Zeiten der Nachverdichtung ist es dabei besonders wichtig, den noch verbleibenden Außenraum möglichst attraktiv zu gestalten. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind weitere Themen, die uns auch die nächsten Jahre begleiten werden.

Warum sollten sich Studierende für ein Landschaftsarchitekturstudium entscheiden?

Der Beruf ist äußerst vielfältig, jeden Tag warten neue Herausforderungen. Und was gibt es schöneres, als strahlende Kinderaugen bei einer Spielplatz-Einweihung zu sehen oder Parks und Stadtplätze, die vielseitig bespielt werden?

Vielen Dank für das Gespräch.