06. November 2017

15. Tatort Altbau zur Architektur der 50er Jahre

Ein Foto von der Veranstaltung Tatort Altbau, man sieht die Teilnehmer mit den Rücken zu uns gewand auf die Leinwand und auf die Präsentation blicken.
Foto: Hannelore König

Eine Herausforderung für Denkmalpfleger, Architekten und Handwerker stellen die Bauten der 1950er Jahre dar. Um die besonderen schutzwürdigen Qualitäten der Architektur dieser Zeit ging es im 15. "Tatort Altbau" am 25. Oktober 2017 in Trier, der wie immer von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, der Handwerkskammer Koblenz und der Direktion Landesdenkmalpflege der Generaldirektion Kulturelles Erbe veranstaltet wurde.

Die Architektur der 1950er Jahre stellt für Denkmalpfleger, Architekten und Handwerker eine Herausforderung dar. Welche besonderen schutzwürdigen Qualitäten lassen sich aus der Flut der Bauten herausfiltern, die nach den Zerstörungen des Weltkriegs und angesichts der herrschenden Not häufig mit bescheidenen Mitteln schnell errichtet wurden? Ist es möglich, Konzepte zu entwickeln, die dem zunehmenden Veränderungsdruck und den Erwartungen an Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz standhalten? Um diese Fragen ging es im 15. „Tatort Altbau“ am 25. Oktober 2017 in Trier, der wie immer von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, der Handwerkskammer Koblenz und der Direktion Landesdenkmalpflege der Generaldirektion Kulturelles Erbe veranstaltet wurde.

Mit der 1956-1960 in mehreren Bauabschnitten errichteten, als Kulturdenkmal geschützten Stadtbibliothek wurde ein zum Thema passender Tagungsort gewählt; der geräumige Lesesaal mit seiner großzügigen Glasfront zum angrenzenden Palastgarten war voll besetzt. In seiner Begrüßung als Hausherr erläuterte Prof. Dr. Michael Embach die Hintergründe des Neubaus, der auf den Wiederaufbauplan der französischen Militärregierung nach dem Krieg zurückgeht. Das von dem Trierer Stadtbaurat Alfons Leitl entworfene Gebäude mit seinem markanten, durch ein dekoratives Betongitterwerk verkleideten Büchermagazin steht am Übergang von repräsentativ zu funktionell geprägten Leitvorstellungen, wie der Kunsthistoriker Daniel Thull M.A. darlegte. Über die Aufgabe, die Stadtbibliothek unter Wahrung ihres architektonischen Charakters den modernen Anforderungen an Technik, Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit anzupassen, berichtete Peter Hardt vom Architekturbüro Weltzel + Hardt aus Trier; eine Besonderheit stellte die Einrichtung der "Schatzkammer" mit ihren wertvollen mittelalterlichen Handschriften dar, die heute teilweise zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehören.  

Die Bandbreite der Kulturdenkmäler dieses Jahrzehnts sowie die Probleme, mit denen sich die Denkmalpflege bei ihrer Erhaltung konfrontiert sieht, machte Dr. Rupert Schreiber vom saarländischen Landesdenkmalamt deutlich. Manche der seinerzeit ausgesprochen kühnen Konstruktionen wie die Spannbetonhalle des Radiosenders Europe 1 (1954-56) oder die Fechinger Talbrücke bei Saarbrücken (1958-63) mit ihren schlanken Stahlpfeilern, die bewusst an die Grenzen der Materialauslastung stießen, können heute in Konflikt mit den geltenden statischen Vorschriften geraten. Welch hohen Identifikationswert trotz dieser Handicaps manche Bauten der 50er Jahre beanspruchen können, zeigt das Beispiel der Bonner Beethovenhalle, über die Constanze Falke M.A. (Bonn) berichtete: Als der 1956-59 von Siegfried Wolske errichtete Bau dem Neubau eines Festspielhauses weichen sollte, formierte sich Widerstand nicht nur in der amtlichen Denkmalpflege, sondern auch innerhalb der Bevölkerung. Nicht zuletzt der öffentlichkeitswirksamen Aufklärungsarbeit einer Initiative von Kunstgeschichtsstudenten ist es zu verdanken, wenn die Halle derzeit denkmalgerecht instandgesetzt wird. Exemplarisch deutlich wurde dabei zugleich, dass auch die bauzeitlichen Außenanlagen als prägender Bestandteil der Gesamtanlage nicht übersehen werden dürfen.  

Praktische Fragen des Umgangs mit den in die Jahre gekommenen Denkmälern standen im Mittelpunkt weiterer Vorträge: Dazu gehörte ebenso die Bestandsaufnahme und geplante Instandsetzung des sog. Gläsernen Pavillons in Trier, einer der typischen transparent-leichten Konstruktionen dieser Zeit (Dipl.-Ing. Tilman Stetter), wie die Technik des "Steinputzes", der bereits im 19. Jahrhundert als Ersatzmaterial für den kostspieligen Naturstein Verwendung fand und heute besondere Anforderungen an Handwerker und Restauratoren stellt (Bernd Bubnick, Trebsen). Aus einem übergreifenden Blickwinkel beschrieb zuletzt Dipl.-Ing. Peter Gasthauer die "Zeitenwende" des Umbruchs von den traditionellen Bautechniken zum industriellen Montagebau nach dem Zweiten Weltkrieg. Neben konkreten Hinweisen zur sinnvollen energetischen Ertüchtigung wich er dabei nicht zurück vor der grundsätzlichen Frage nach den Grenzen der Erhaltungsfähigkeit von Konstruktionen und Materialien, die von Anfang an auf Sparsamkeit und Verbrauch angelegt waren.