23. Juli 2014

Regionale Baukultur braucht viele Akteure

Vorstandsmitglied Julia Holzemer-Thabor weist in der August-Ausgabe 2014 des Deutschen Architektenblattes darauf hin, dass die Verantwortung für regionale Baukultur bei vielen liegt und nur durch ein gutes Zusammenspiel zwischen allen Beteiligten funktioniert

Baukultur wird von vielen Menschen gemacht: Architekten, Stadt- und Raumplaner, öffentliche Bauherrn, Investoren, Mitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen und in der Denkmalpflege - alle kompetente Ansprechpartner vor Ort, die über hohe Sachkenntnis verfügen und die Umsetzung von baulicher Qualität sichern - sowie natürlich die vielen privaten Bauherrn. Die Verantwortung für Baukultur liegt bei allen und funktioniert nur durch ein gutes Zusammenspiel zwischen ihnen. Das selbe gilt, wenn es um die Erhaltung und Fortschreibung regionaler Baukultur geht.

Bauen ist heute nicht mehr vom Vorhandensein regionaltypischer Baumaterialien abhängig - alles scheint möglich. Das reetgedeckte Friesenhaus mitten in der Eifel oder die toskanische Villa im Mittelrheintal sind leider keine Seltenheit mehr. Je größer die angebotene Stilpalette, desto wichtiger ist eine fundierte, fachliche Beratung des Bauherrn. Hier ist zum einen die Kompetenz des beauftragten Architekturbüros gefragt. Es sollte den Bauherrn für die regionale Baukultur sensibilisieren sowie regionaltypische Bauweisen und Gebäudetypologien in eine zeitgemäße Architektur übersetzen. Inzwischen gibt es hierfür viele gelungene Beispiele, die zum Teil bereits im Architektenblatt, auf der Internetseite der Architektenkammer Rheinland- Pfalz sowie in Ausstellungen des Zentrum Baukultur präsentiert wurden.

Viel weniger präsent im öffentlichen Bewusstsein ist dagegen, dass die Erhaltung einer regionalen Baukultur ebenfalls ein hohes Maß an Fachkompetenz in den öffentlichen Verwaltungen voraussetzt. Bereits bei der Orts- und Stadtplanung, in Bebauungsplänen und Gestaltungssatzungen, werden die Grundsteine für eine weitere, vernünftige städtebauliche Entwicklung gelegt. Diese sollte grundsätzlich auch die regionalen Qualitäten und Besonderheiten berücksichtigen und muss den politischen Entscheidungsträgern in den Kommunen vermittelt werden.

Architekten in den Bauverwaltungen und Bauberatungszentren sind ebenfalls nicht unbeteiligt: Häufig sind sie die ersten Ansprechpartner für Bauwillige, die sich über die Genehmigungsfähigkeit ihrer Bauwünsche informieren wollen. Die Dorferneuerungsbeauftragten in den Landkreisen beraten darüber hinaus in gestalterischer Hinsicht und über Fördermöglichkeiten im Rahmen der Dorferneuerung.

Umgang mit Altbauten
Ein sehr wichtiger Aspekt zur Erhaltung der regionalen Baukultur ist der Umgang mit historischer Bausubstanz. Architekten in den Denkmalschutzbehörden sind hier kompetente Ansprechpartner. Eine besondere Herausforderung liegt in diesem Zusammenhang in der energetischen Sanierung. Ein hohes Maß an Sensibilität für die Bausubstanz ist dabei ebenso gefragt, wie ein ausgeprägtes bauphysikalisches Knowhow. Besondere Aufmerksamkeit erfordern aber nicht die Denkmäler, sie sind aufgrund ihres Status gut geschützt. Im Zielkonflikt von Klimaschutz und Baukultur brauchen die vielen alltäglichen, aber Ortsbild prägenden Gebäude gute Lösungen. Es reicht eben nicht aus, nur die Fassaden zu dämmen und die Fenster auszutauschen. Oft genug wird auf diese Weise ein Stück regionaler Baukultur ruiniert. Dabei gibt es Alternativen. Sanierungswillige Hausbesitzer brauchen in dieser Situation kompetente Ansprechpartner in den Kommunen, die sie auch fachlich beraten können.

Die Pflege der regionalen Baukultur ist unbestritten eine öffentliche Aufgabe, die gesellschaftliches und technisches Verständnis voraussetzt. Leider sind in den vergangenen Jahren Tendenzen festzustellen, die zuständigen technischen Stellen im öffentlichen Dienst durch reine Verwaltungsstellen zu ersetzen. Der baukulturellen Zukunft leistet dies einen Bärendienst. Auch in Zukunft braucht es in den Verwaltungen gut ausgebildete Architekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner, um den notwendigen intensiven fachlichen Diskurs zwischen allen Akteuren sicherzustellen.

Netzwerke und regionale Initiativen können einen weiteren Beitrag leisten. Ein hervorragendes Beispiel ist die „Initiative Baukultur Eifel“. Sie wird von den vielen benannten Akteuren auf den unterschiedlichsten Ebenen - auch und gerade aus der Verwaltung - getragen und hat sich mittlerweile fest etabliert. Weitere solche Initiativen würden der Erhaltung und Fortschreibung unserer regionalen Baukultur sowie der damit verbundenen Lebensqualität guttun.

  

Archivbeitrag vom 23. Juli 2014