20. April 2020

(Nie mehr) Corona?

Präsident Gerold Reker
Foto: Heike Rost, Mainz

Die COVID-19-Pandemie hält uns weiter in Atem. Sie hat uns fest im Griff. Die öffentlichen Funktionen sind eingeschränkt, man lernt sein Zuhause schätzen oder hassen: My home is my castle! für die einen - my prison für die anderen.

Was bis vor kurzem noch die Diskussionen prägte, Klimaschutz, Energie, Elektroauto, ja, selbst das Thema HOAI, hat sich verflüchtigt. Die Themen sind jedoch nur auf Eis gelegt.

In einigen Wochen werden sie wieder rufen und es werden neue Themen hinzukommen. Es gilt, den Herausforderungen zu begegnen und die Zeit zu nutzen.

Die Bundes- und Länderregierungen haben schnell reagiert. Die Kammern sind dabei, den virusbedingten Sachstand händelbar zu halten: In verschärfter Lage handlungsfähig bleiben. Wir müssen verlässlich und kontinuierlich seriöse und juristisch überprüfte Informationen anbieten. In den Länderkammern und in der BAK arbeiten viele daran mit. Solidarität ist die Losung. Im Hintergrund laufen die Standard-Prozesse weiter. Nicht zu verheimlichen ist, dass sich die eingeleiteten Maßnahmen bereits auf die Bauabläufe auswirken. Was tun bei empfindlichen Bauablaufstörungen? Fragen, an denen die Kammern und Verbände bereits arbeiten. Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz hat schnell reagiert und den Betrieb der Situation angepasst.

Aber wer weiß denn schon, wie lange Corona uns noch beschäftigen wird? Wir werden uns arrangieren müssen. Noch hat sie die besseren Karten. Inzwischen konnten wir alle hautnah die Grenzen des öffentlichen Raumes ausloten. Deutlicher als in den letzten Wochen wäre das, was den öffentlichen Raum ausmacht, nicht darstellbar gewesen, eingängig waren aber auch Mängel privater Räume abzulesen. Hier zeigte sich, was Grundrisse und Raumkonfigurationen leisten - oder nicht leisten. Hier zeigte sich, was "gute Architektur" außerhalb einer Star-Szenerie ausmacht.

Es muss weitergehen. Entschleunigung ist sicher etwas Gutes, doch eine Gesellschaft darf sich nicht selbst aufgeben. Die wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Fragen werden kommen. Nun wird klar: Digitalisierung ist häufig der letzte Notnagel. Videokonferenzen, Apps, Skype lassen uns weiter kommunizieren. Ohne Corona hätten wir sicher noch eine Weile hin und her diskutiert. Jetzt muss man sich damit beschäftigen. Wir arbeiten daran. Eine Voraussetzung, dass nach einem Tag X die Gesellschaft wieder anfahren kann. Weiterbildung, Planbarkeit und Abwicklung werden in neue Medienformen übertragen werden. Die Verzahnung der digitalen und der analogen Welt wird noch unauflöslicher.

Gut an dieser Krise ist, dass sich die Lauttöner, Besserwisser, Smartphone-Gebildeten in ihre Mauselöcher zurückgezogen haben. Wohltuend, dass erkennbar wissenschaftlicher Sachverstand die Politik leitet. Insofern wäre es auch für uns angebracht, in der Krise erkennbare Problemkreise herauszufiltern. Die Beziehung Stadt und Land wird neu gedacht werden müssen und erkennbar schlechte Wohnfunktionen müssen wir kritisch hinterfragen.

Physische, soziale und digitale Verflechtungen, wie wir sie jetzt kennenlernen konnten, sollten wir in der Baukultur und den gebauten Räumen berücksichtigen.

Der gebaute Raum allein wird dabei die Öffentlichkeit nicht wieder zusammenführen, die gesamte Gesellschaft steht in der Pflicht, das Miteinander zu leben. Wir alle haben bis dahin erlebt, wie wichtig der gebaute Raum und seine Qualität sind. Die Akteure der Baukultur stehen nach den vielen Einschnitten, Veränderungen, Brüchen vor großen Herausforderungen. Die Folgen der Krise werden sich zeigen. Der Berufstand der Architekten wird ihnen positiv und solidarisch begegnen.