22. Oktober 2019

Alle reden über Stadt...

Großer Beifall für die Slammer: Timm Helbach, Prof. Dr. Heiner Monheim, Nadine Kümmel, Sebastian W. Wagner (Moderation)
Großer Beifall für die Slammer: Timm Helbach, Prof. Dr. Heiner Monheim, Nadine Kümmel, Sebastian W. Wagner (Moderation)
Foto: Markus Kohz, Mainz

Stadt Land Slam – ein neues Format rund um das Thema Stadtentwicklung

Text: Kirsten Schewe

Seit der industriellen Revolution ist der urbane Raum ein Spannungsfeld verschiedenster Anforderungen. Mobilität, Wohnraum, Lebensqualität und Arbeitsstätten müssen geplant werden. Dabei stand jeher die Frage im Raum: Wie sollen bzw. wollen Menschen gemeinsam im städtischen Raum leben? Dass sich an der Frage bis heute nichts geändert hat, lediglich die Anforderungen komplexer geworden sind, zeigte sich beim ersten „Stadt Land Slam“ am 19. September 2019 im Zentrum Baukultur in Mainz. 

„Nun, ein Slam ist eigentlich Hip Hop. Zwei auf der Bühne liefern sich ein Battle, aus dem einer als Sieger hervorgeht. Doch es geht klug zu: Das Publikum wird mit starken Argumenten überzeugt“, erklärte Moderator Sebastian Wagner. Das Besondere dieses Formats: Anstelle einzelner fachspezifischer Vorträge erwarteten die Besucher kurzweilige Präsentationen, in denen unterschiedlichste Visionen der Stadt der Zukunft gezeichnet wurden. Dabei legten die Slammer komplexe, interdisziplinäre Probleme und ihre Lösungen unterhaltsam, spannend und für alle verständlich dar.

Den Anfang machte Nadine Kümmel, Innenarchitektin und Produktdesignerin. Sie forderte übergeordnete Fragestellungen zu fokussieren, Planung ganzheitlich anzugehen und verschiedene Blickwinkel einzunehmen. Alle Dinge, so Kümmel, hängen zusammen und beeinflussen einander: Häuser prägen Städte und Städte prägen Länder. Wir sitzen alle in einem Boot. Themen wie Klimaschutz, Umweltpolitik und Städtebau müssten daher neu ausgelotet werden.

Prof. Dr. Heiner Monheim eröffnete seinen Slam mit dem Statement, der Deutsche suche verzweifelt das Haar in der Suppe und konzentriere sich zu stak auf die Mitte der Stadt. Doch unser Lebensraum sei inzwischen ein großes städtisches Konglomerat, in dem der Autoverkehr dominiere. „Ist nicht die grenzenlose Hässlichkeit des suburbanen Raums zum Verzweifeln? Wieso denken wir den Gegensatz Stadt – Land?“, fragte Monheim. Im Fokus müsse vielmehr die Lebensqualität stehen. Das Konzept des shared space verspreche einen veränderten Blick auf den öffentlichen Raum. Weniger Lärm, mehr Grün, Baumpflanzprogramme und Wasserflächen in den dicht besiedelten Städten seien nötig, um unter anderem Hitzestaus zu lindern. Jeder Parkplatz sollte durch einen Baum ersetzt, alte Gewissheiten auf den Prüfstand gestellt werden.

Um Stadtidentität und Stadtmarketing ging es in Timm Helbachs Beitrag. Wie nehmen verschiedene Nutzer eine Stadt wahr? Sicher erfährt ein Besucher einen Ort anders, als (ehemalige) Bewohner. Was ist dann wichtig? Blickbezüge, Wege, Plätze und Monumente? Dies lasse sich mit einem Scansystem herausfinden. Und wie sieht es mit der Partizipation aus? Stadtentwicklung sollte nicht Stückwerk sein, sondern eine strategische Entwicklung. Auch Mainz könnte mit einer Strategie gestärkt werden, so Helbachs Fazit.

Die Slammerinnen und Slammer zeigten aus verschiedenen Perspektiven, wie aktuelle Problematiken schnell, effizient und sowohl kurz- als auch langfristig gelöst werden könnten, was mit tosendem Beifall quittiert wurde. Der erste „Stadt Land Slam“ wurde von der Heinrich Böll Stiftung RLP e.V. und der Kammergruppe Mainz/Mainz-Bingen der Architektenkammer Rheinland-Pfalz veranstaltet.

 

Archivbeitrag vom 22. Oktober 2019