03. November 2006

Es ist nicht nur so, dass man besser verdient, man hat auch eine bessere Marktposition

Erfahrungen rheinland-pfälzischer Absolventen im Ausland, aber auch auf benachbarten Berufsfeldern stehen im Mittelpunkt einer kleinen Reihe. Andreas Scherer hat nach seinem Architekturstudium eine berufliche Nische gefunden. Das Interviews führte Kerstin Mindermann, Mainz.

Herr Scherer, Sie haben Architektur studiert und arbeiten jetzt in einer beruflichen Nische.
Stimmt, ich arbeite als Projektsteuerer und organisiere Umzüge von Unternehmen. Das reicht von der Büroplanung im neuen Gebäude bis zur Ablaufplanung des Umzugs. Dazu gehört die Ausschreibung der Transporte, Prüfung des Brandschutzes; Innenwände müssen versetzt werden oder man muss Maßnahmen mit Behörden abstimmen. Ich beschäftige mich mit Fragen wie: Sind die alten Möbel noch in Ordnung, kann man sie noch verwenden? Kann man Desk-Sharing einführen, müssen alle ein eigenes Büro haben, oder kann man projektbezogene flexible Arbeitsräume schaffen? Hinter allem steht immer: Kann der Kunde seine Arbeitsabläufe effektiver gestalten? Oft übernehmen wir auch die Präsentation der Maßnahme und stellen sie der Belegschaft vor.

Wie kamen Sie zu diesem Beruf?
Ich habe 2000 mein Diplom gemacht, hatte aber leider verpasst, während des Studiums mich in CAD-Programme einzuarbeiten. Darum habe ich anschließend noch einen Kurs besucht, in dem ich „3D-Studio“ - eine Präsentationssoftware - und „AutoCAD“ gelernt habe. Danach habe ich bei Opel angefangen. Opel arbeitet mit dieser Software und sie haben damals einen Architekten gesucht, die sich um die interne Büroplanung und Arbeitsplatzerfassung kümmert. Produktänderungen haben oft Auswirkungen auf die Teamgröße und Teamzusammensetzung. Da musste häufig umgebaut werden. Das war damals learning-by-doing, aber ich habe viel gelernt.

Also ein typisches Berufsfeld für Architekten?
Ja, klar. Man arbeitet ja mit Gebäuden, Gebäudetechnik und plant Büroflächen.

Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sind darüber hinaus noch wichtig?
Vor allem sollte man kommunikativ sein, und sollte schnell reagieren können. Es ist eine Dienstleistung, man hat ständig Kontakt mit Kunden. Und man sollte sich mit „Excel“ und „MS Project“ auskennen.

Was finden Sie besonders reizvoll an ihrer jetzigen Tätigkeit?
Die Abwechslung. Auch wenn die Arbeit immer vergleichbar ist, hat man doch immer neue Kunden und neue Projekte. Routine gibt es da eigentlich wenig. Jedes Unternehmen ist anders in seinen Arbeitsprozessen und in seiner Kommunikation, da muss man sich immer neu einfinden.

Haben Sie irgendwann einmal in einem Architekturbüro gearbeitet?
Ja, während meines Studiums. Da habe ich vor allem Altbausanierungen gemacht, aber auch Doppelhaushälften geplant.

Möchten Sie noch einmal zurück in den klassischen Architektenberuf?
Manchmal, wenn ich Berichte über neue Bauten lese, denke ich: „Ach schön!“ Aber letztendlich habe ich wahrscheinlich mehr mit neuen Gebäuden zu tun, als manch ein Architekt, der kleinere Projekte in einem Büro betreut. Wir haben zum Beispiel das neue Lufthansa Verwaltungszentrum von Ingenhoven Architekten am Frankfurter Flughafen bezogen. Das ist schon interessant, da bekommt man eine Menge von der Architektur und ihrer Qualität mit.

Sie sind zufrieden mit Ihrer jetzigen Tätigkeit?
Auf jeden Fall. Der Job ist nicht nur abwechslungsreich, sondern man wird auch als Mitarbeiter geschätzt und man hat einen verhältnismäßig sicheren Arbeitsplatz.

Wie sind denn die Verdienstmöglichkeiten in Ihrem Beruf?
Auf jeden Fall besser als in einem klassischen Architekturbüro. Und es ist nicht nur so, dass man besser verdient, sondern man hat auch eine bessere Marktposition. Das ständige Wechseln zwischen den Architekturbüros, das gibt es bei uns nicht.

Wie sehen Sie die Zukunft der Branche?
Ich glaube, die ist recht gut, weil Unternehmen immer öfter umstrukturiert werden oder ihren Standort wechseln. Das ist meist unangenehm für die Mitarbeiter, aber wir profitieren davon. Es besteht auch Bedarf neue Arbeitswelten zu schaffen. Teilweise sind noch Möbel aus den sechziger und siebziger Jahren in Gebrauch, das sollte man nicht glauben.

Was sollten Architekturabsolventen tun, die auch gerne in ihrem Beruf arbeiten würden?
Wahrscheinlich erst einmal recherchieren. Die Firmen, die so etwas anbieten, kommen aus den unterschiedlichsten Branchen. Es gibt Projektentwickler, die so etwas mit anbieten. Oder Möbelfirmen: Wenn die schon tausend Stühle verkaufen, dann ist es nahe liegend auch die Büroplanung mit zu machen. Bei Speditionen das gleiche: Warum sollen die nur den Transport übernehmen? Sie können ja auch selbst den Umzug organisieren.

Für Sie ist es ein Traumjob?
Ja, irgendwie schon. Auf jeden Fall bin ich sehr zufrieden.
 

  

Archivbeitrag vom 03.11.2006