09. September 2025

Politisches Sommerfest

Blick in die Menge
Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des Parlaments, Ministerinnen und Staatssekretärinnen, Oberbürgermeister, Verwaltung, (Bau-)Wirtschaft und Kultur: Alle waren beim Politischen Sommerfest
Foto: Kristina Schäfer, Mainz

Brücke zur Politik

Dichtes Gedränge unter Arnes Brücke: Bereits zum zwölften Mal hatte die Architektenkammer Rheinland-Pfalz zum Politischen Sommerfest im Zentrum Baukultur geladen; über 350 Gäste aus Politik, (Bau)Wirtschaft und Kultur waren am 20. August dabei.

„Ich freue mich sehr, Sie zum Kammer-Jahres-Highlight, unserem Politischen Sommerfest, begrüßen zu dürfen“, eröffnete Präsident Joachim Rind und verwies auf das nächste Highlight, das 75. Kammerjubiläum, das am
31. Oktober mit einem Zukunftskongress in der Halle 45 in Mainz gefeiert wird. Seit dem letzten Sommerfest sei viel passiert: neue Regierungen in den USA und in Deutschland, Krieg in der Ukraine und im Gazastreifen... Doch wer sich frage, was Donald Trump mit dem hiesigen Baugeschehen zu tun habe, verkenne, wie eng das Weltgeschehen mit der europäischen und deutschen Wirtschaft zusammenhänge.

Das Kernthema Infrastrukturen seiner Vorjahresrede habe nichts an Brisanz verloren. Durch das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Infrastrukturpaket sollen in den kommenden zwölf Jahren fast 5 Milliarden Euro nach Rheinland-Pfalz fließen. Chance und Herausforderung zugleich, so Rind: „Die derzeit gewohnte Geschwindigkeit von der Projektierung bis zur Umsetzung und Fertigstellung wird nicht ausreichen, alle Projekte zügig `auf die Straße´ zu bringen.“ Hier sah er auch den Berufsstand in der Pflicht: „Wir haben uns in ein von Ängstlichkeit und Argwohn gesteuertes System hineinmanövriert und müssen wieder lernen, Verantwortung zu übernehmen und Ermessensspielräume zu nutzen.“ Prozesse und Vorschriften müssten auf den Prüfstand gestellt und verschlankt werden. „Hier ist Arbeit mit dem Skalpell von Nöten, bevor andere mit der Kettensäge kommen“, so Rind. Um Prozesse zu beschleunigen, müssten alle am Bau Beteiligten an einen Tisch geholt werden, etwa durch eine vorgeschaltete Phase 0 oder durch Bauteams. Zudem könne die fortschreitendende Digitalisierung helfen, Genehmigungsverfahren zu optimieren und `Projektuhren´ mehr Transparenz hinsichtlich Zeit- und Kostenstatus schaffen. „Lasst uns klug, dauerhaft, umweltbewusst und schön bauen!“, so sein Appell. Dabei sei es besser, nachhaltiges Bauen in die Breite zu tragen statt auf die Spitze. 

Alle am Bau Beteiligten müssen wieder mehr Verantwortung übernehmen. 
Joachim Rind, Kammerpräsident

Darüber hinaus riss Rind (berufs)politische Dauerbrenner wie Überbürokratisierung, Fachkräftemangel und Inflation an. Die weiterhin hohen Baupreise stellten die größte Bremse im Sektor bezahlbares Wohnen dar. Abhilfe verspreche der Gebäudetyp e – „e“ wie einfach, effizient, aber auch experimentell. Zudem appellierte Rind, Umbau zum Leitbild zu machen und die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. „KI ist gekommen, um zu bleiben.“ Doch es brauche weiterhin kreative Köpfe: die Architektinnen und Architekten.

Das Politische Sommerfest biete den idealen Rahmen für den Dialog zwischen Politik und Planenden, lobte Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen und dankte der Architektenkammer für die gute Zusammenarbeit. Bauen sei eine gesellschaftsrelevante Aufgabe, die nur gemeinsam bewältigt werden könne. Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, steigende Baukosten, Klimaschutz und Ressourcenschonung stellten große Herausforderungen dar. Als Landesregierung arbeite man an guten Rahmenbedingungen, um Bauen in Rheinland-Pfalz nachhaltiger, schneller, einfacher und zugleich qualitativ hochwertig zu gestalten. In diesem Kontext verwies sie auf das Bündnis für bezahlbares Wohnen, das seit nunmehr zehn Jahren besteht und erst kürzlich wieder eine Presse- und Fachreise zu beispielhaften, bezahlbaren Bauten in Trier, Ingelheim und Mainz organisierte. Die Novelle der Landesbauordnung mit Priorisierung des Bestandsumbaus stehe kurz vor dem Abschluss und biete Architektinnen und Architekten Erleichterungen; der digitale Bauantrag beschleunige die Verfahren. Es stehe ein Jahrzehnt der Investitionen bevor, das mit Gestaltungswillen und -mut bestritten werden müsse. Ihr Aufruf: Lassen Sie uns die Dinge gemeinsam angehen!

Dass Architektur und Demokratie eng verbunden sind, hatte zuvor Landtagsvizepräsidentin Kathrin Anklam-Trapp in ihrem Grußwort klargemacht. „Städtebauliche Konzepte tragen maßgeblich dazu bei, wie Menschen sich im öffentlichen Raum begegnen. Der Raum muss bewusst gestaltet sein, um Schnittstellen für Bürgerdialog, Teilhabe, Bildung und gesellschaftliches Miteinander zu bieten.“ Politik und Bauwirtschaft verbinde eine Reihe gemeinsamer Ziele, wie mehr sowie bezahlbare Wohnungen, gute Infrastruktur, nachhaltiger Klimaschutz. Umbau müsse stets Vorrang vor Neubau haben. Bislang liege die energetische Sanierungsquote jedoch unter einem Prozent! Und insgesamt müsse schneller, kostengünstiger und nachhaltiger gebaut, Standards überdacht werden, bekräftigte sie die Forderungen der Architektenschaft. Denn: „Gelungene Architektur bringt das Beste in uns zum Vorschein: Offenheit, Großzügigkeit, Sanftmut, Ruhe, Harmonie, Freundlichkeit“, zitierte sie den Londoner Architekten David Chipperfield, der auch für Understatement steht. Es brauche Verlässlichkeit, Kreativität und die Bereitschaft zur Veränderung.

Der Abend klang bei guten Gesprächen in gewohnt lockerer Atmosphäre aus. Das Zentrum Baukultur und sein Umfeld hatten sich wieder in eine Partylocation verwandelt. Für Musik sorgten die Acoustic Pilots.