16. August 2018

Partizipation 2.0

Porträt Thomas Dang
Thomas Dang
Foto: Heike Rost, Mainz

Vorstandsmitglied Thomas Dang über die Lehren nach dem Bürgerentscheid über die Erweiterung des Gutenberg-Museums Mainz.

Wir müssen gemeinsam mit den Bauherren und Auslobern Wege finden, wie eine mündige und kritische Bürgerschaft legitime Anliegen einbringen kann – das hatte ich in meinem Leitartikel 12/2017 geschrieben. Besonders im Zusammenhang mit anonymen Wettbewerbsverfahren wird immer häufiger die Forderung nach Teilhabe der Bürgerschaft an der Entscheidung laut. Partizipation und Architektenwettbewerbe – ein Widerspruch? Schnell verminen Gegensatzpaare wie Experte vs. Bürger, groß vs. klein oder professionelle Deformation vs. unverbildete Heimatliebe den Diskurs.

Die in langer Wettbewerbstradition erkämpfte Errungenschaft, die Preisträger durch die Qualität der Arbeiten überzeugen zu lassen und nicht nach Namen zu vergeben, ist unbedingt zu erhalten. Die Unabhängigkeit der Jury in einem nichtöffentlichen Preisgericht ermöglicht eine intensive Diskussion. Die Ergebnisse werden festgehalten und dann öffentlich gemacht. Dieses Verfahren hat sich bewährt und der „Klüngelwirtschaft“ einen Riegel vorgeschoben. Dabei muss es bleiben.

Das Ergebnis des Bürgerentscheides zum Bibelturm in Mainz zeigt aber auch, dass es ohne Partizipation an der richtigen Stelle nicht (mehr) geht. Der öffentliche Raum an zentraler Stelle, so die Lehre des Entscheids, steht ohne Diskussion mit der Bürgerschaft nicht zur Verfügung. Die Ablehnung des Siegerentwurfs durch die Mainzer hat hier Schwächen offenbart.

Dabei kommt es auf das Timing an. Das Wettbewerbsergebnis zur Abstimmung zu stellen, ist der falsche Weg. Eine möglichst breite und auch in ihrer Tiefe wirkungsvolle Beteiligung beginnt mit der Projektvorbereitung und der Formulierung der Aufgabenstellung. Die Arbeit, für eine breite Unterstützung eines Wettbewerbsergebnisses zu sorgen, setzt vor der Auslobung ein! Gelingt es nicht, eine solide Mehrheit in der Bürgerschaft für die Baumaßnahme zu gewinnen, ist das Wettbewerbsverfahren nicht die Lösung für dieses Problem, sondern kann selbst zu einem werden. Wir Architekten können nicht die Hausaufgaben der Bauherrschaft und Auslober erledigen. Wir können Planungslösungen aufzeigen, aber der Weg zur Planungsaufgabe muss vorbereitet sein. Es kommt – wieder ein-mal – auf die richtigen Verfahren an, damit Ergebnisse zielgenau und umsetzbar sind. Umsetzbar heißt auch, die Bürgerschaft, für die letztlich gebaut wird, in den Verfahren abzubilden. Sonst bringt sie sich selbst ins Spiel. Wie sollte der Werbeslogan für alle Bauherren vor der Wettbewerbsauslobung lauten?  „Wir machen den Weg frei!“

 

Archivbeitrag 16. August 2018