13. Juli 2010

Günter Behnisch verstorben

Einer der bekanntesten deutschen Architekten, der 2001 mit der rheinland-pfälzischen Wolfgang-Hirsch-Auszeichnung für besondere Verdienste um die Baukultur geehrte Günter Behnisch, ist tot.

Am 11. Juli 2010 verstarb Professor Dr. h.c. Günter Behnisch im Alter 88 Jahren. Er war im Mai 2001 mit der "Wolfgang-Hirsch-Auszeichnung" der Architektenkammerkammer Rheinland-Pfalz für besondere Verdienste um Baukultur und Umweltgestaltung geehrt worden.

"Die Kammer würdigt damit Werk und Wirken des Architekten und Hochschullehrers Günter Behnisch, der - zusammen mit seinen Partnern - wie kaum ein Zweiter seines Berufsstandes nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. Entscheidend zur Entwicklung einer menschengerechten, höchsten substantiellen und formalen Ansprüchen genügenden, im besten Sinne demokratischen Architektur beigetragen hat," so der damalige Präsident der Architektenkammer, Günther Franz, in seiner Laudatio.

Präsident Stefan Musil, selbst Schüler Behnischs, merkte dazu heute an: "Auch wenn sich, die Wolfgang-Hirsch-Auszeichnung im Reigen prominenter Architektur- und Baukulturpreise wohl eher bescheiden ausnimmt und im Übrigen nicht dotiert ist, steht sie doch für Qualitäten, die in Vergessenheit zu geraten drohen und für die auch ihr Namensgeber Wolfgang Hirsch in besonderer Weise stand: Persönliche und fachliche Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Prinzipienfestigkeit bei der Vertretung berechtigter Ansprüche an die Qualität der gebauten Umwelt - im großen wie im kleinen Maßstab."

Anlässlich der fünften Verleihung am 10. Mai im rheinland-pfälzischen Landtag beleuchtet Professor Dr. Werner Durth, TU Darmstadt, in einer sehr persönlichen Laudatio für den Lehrer und Freund Günter Behnisch den "Eigensinn der Dinge": "Schon das erste Projekt, mit dem das Büro Behnisch und Partner, damals mit Fritz Auer, Winfried Büxel, Manfred Sabatke, Erhard Tränkner und Carlo Weber gleichsam über Nacht weltweit Aufmerksamkeit erregte, wurde mit einem vielleicht unberechtigten Optimismus als eine Form kollektiver Selbstdarstellung dieser noch jungen Bundesrepublik Deutschland empfunden, die 1967 - von der Staatsgründung 1949 aus gerechnet - mit 18 Jahren gerade volljährig geworden war und mit Behnischs preisgekrönten Wettbewerbsentwurf für die Olympischen Spiele in München ihren ersten Auftritt zur Einladung der Welt nach Deutschland probte.

Eine heikle Aufgabe mit schwerer Hypothek, denn 30 Jahre zuvor, bei der letzten Olympiade in Deutschland, hatten sich Hitler als höflicher Gastgeber und seine Partei als neue Ordnungsmacht präsentiert, bevor von Deutschland aus Europa mit mörderischem Terror und schließlich die Welt mit Krieg überzogen wurde. Nur mühsam und anfangs nicht immer ganz glaubwürdig hatte sich die aus Nazideutschland heraus geläuterte Bundesrepublik in die Reihe demokratischer Staaten der westlichen Welt eingegliedert, und genau zehn Jahre nach der Währungsreform, die dem Marshallplan folgte, präsentierte sie sich auf der Brüsseler Weltausstellung 1958 erstmals dem internationalen Publikum als ein freundlicher Nachbar mit einem Bauwerk, das wie ein ästhetisches Gegenprogramm zu all jenen Gestaltungsprinzipien zu lesen war, die vor den Augen der Welt 1936 bei der Olympiade in Berlin und 1937 mit Speers Bauten zur Weltausstellung in Paris die sogenannte "Baukunst im Dritten Reich" geprägt hatten (....) Und so war es ein Glücksfall, dass kaum zehn Jahre später, nach weiterer Entfaltung der Demokratie und auch politischer Wandlung durch neue Kräfte eben jener Egon Eiermann zum Vorsitzenden der Jury bestimmt wurde, die über das Erscheinungsbild Deutschlands am Ort der Olympischen Spiele in München 1972 zu entscheiden hatte."

Foto: Professor Durth und Professor Behnisch stehen nach der Verleihung Arm in Arm dem Fotografen gegenüber
Professor Dr. Werner Durth mit seinem Lehrer und Freund Professor Günter Behnisch beim Empfang nach der Verleihung. Foto: Klaus Benz, Mainz
Foto: Günter Behnisch während der Laudatio am 10. Mai 2001
Professor Günter Behnisch. Foto: Klaus Benz, Mainz
Foto: Präsident Franz verleiht die Skulptur, die zur Auszeichnung gehört, an Professor Behnisch. Drei Menschen stehen im Hintergrund und sehen zu.
Der damalige Kammerpräsident Günther Franz verleiht die Skulptur "Raum und Zeit" an Professor Günter Behnisch. Foto: Klaus Benz, Mainz

Zum Schluss seiner Laudatio, ging Durth auf die Entwurfsphilosophie Behnischs ein: "Sein Thema ist das allmähliche Werden in der Wandlung von Skizzen, Modellen und Gedanken, in der Hoffnung, daß der schließlich im Entwurf gefundene Vorschlag nicht nur zur Emanzipation der Menschen, sondern auch zur Emanzipation der im Bauen angeeigneten Natur beitragen möge. Und vielleicht (...) ist diese Hoffnung getragen von jener Sehnsucht nach einer Versöhnung von Mensch und Natur, nach einem wechselseitigen Wiedererkennen, von der im Gegenzug zur Rationalisierung der Welt im Aufbruch der Industrie schon die deutsche Romantik beseelt war: 'Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort. Und die Welt hebt an zu singen, triffst Du das Zauberwort.' Kurz, daß ein Architekt - ein wenig - die Welt verzaubern und nicht nur Dinge, sondern auch Menschen in ihrem Eigensinn verstehen und stärken kann, das hat Günter Behnisch in seinem Werk und Wirken bewiesen."

Die Preisträgerin aus 1996, Staatsministerin Klaudia Martini, hob in ihrem Grußwort auf die Bedeutung der Architektur als Teil der gestalteten Umwelt ab. Nachhaltigkeit so Martini sei eine der wichtigsten Forderungen an das zeitgenössische Bauen. "Tanzen in Fesseln" die hohe Kunst, auf die es ankomme. Günter Behnisch habe mit seinen Bauten dafür Beispiele gegeben. " 'Schönheit gehört zu den Grundbedürfnissen der Menschen. In allen Kulturen und in allen Zeiten waren die Dinge des täglichen Lebens mehr als nur Mittel zum Zweck, die Dörfer und Städte mehr als nur Ansammlungen von Behausungen, die Landschaft mehr als nur Raum zum nutzen und zu besiedeln. Sie wurden auch nach ästhetischen Notwendigkeiten ausgerichtet.' (These 1 der Toblacher Thesen aus dem Jahre 1998). Schönheit und nachhaltige Entwicklung waren dabei schon immer eng miteinander verbunden. Die Schönheit des rechten Maßes, des behutsamen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen, war schon immer ein Anliegen der Architektur."

Verliehen wurde die Wolfgang-Hirsch-Auszeichnung 2001 zum fünften Mal, es folgte eine weitere Verleihung 2006:

  • Dr. Manfred Sack, "Die Zeit" , Hamburg, 1981
  • Dieter Wieland, freier Journalist und Drehbuchautor, München, 1987
  • Niels Gormsen, Stadtbaurat, Mannheim/Leipzig, 1991
  • Professor Klaus Töpfer Bundesbauminister und Kaudia Martini, Ministerin für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, 1996
  • Professor Dr. h.c. Günter Behnisch (†), 2001
  • Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker, 2006

  

Archivbeitrag vom 13.07.2010