26. Mai 2023

Eröffnung Preview in Koblenz

Bewerbung für den Tag der Architektur bis 19.01.2024 möglich
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Foto: Célia Uhalde, Sulzschneid

Re-use, Partizipation und ganz viel Geduld: Die Preview-Ausstellung zum Tag der Architektur 2023 in Rheinland-Pfalz wurde in Koblenz mit vier beispielhaften Projektvorstellungen eröffnet.

Sprecherin der Koblenzer Kammergruppe Innenarchitektin Annette Moitz freute sich über die rund 50 Gäste, die zur Eröffnung der Preview in die Stadtbibliothek Forum Confluentes gekommen waren. Die Ausstellung mit einer Auswahl an Projekten, die am Tag der Architektur teilnehmen habe bereits Tradition, so Moitz, Premiere sei allerdings der Ort der Vernissage und der Ausstellung, die bis zum 24. Juni in der Shopping-Mall des Forum Mittelrhein gezeigt wird. Bisher habe die Veranstaltung immer auf der Festung Ehrenbreitstein stattgefunden, der Heimat des Schaufenster Baukultur Koblenz.

Infos zur Ausstellung bis 24. Juni 2023 im Einladungsflyer PDF. MEHR

Auch Tradition ist es, dass bei der Eröffnung die Architektenschaft zu Wort kommt, um von ihrem Planungs- und Bauprozess zu berichten. Den Reigen mit vier exemplarischen Projektvorstellungen eröffnete Architektin und Innenarchitektin Alexandra Faßbender, DEINE ARCHITEKTIN. Der Nordflügel des Kulturzentrums Kapuzinerkloster Cochem von 1625 wurde von ihr saniert, umgestaltet und durch einen kleinen Anbau im Eingangsbereich erweitert. Ein Jahr intensiver Abstimmungen mit der Denkmalpflege waren der Umsetzung vorausgegangen, aber auch in der mit Überraschungen gespickten Bauphase mussten fortwährend neue gemeinsame Lösungen gefunden werden. Die neugestalteten Säle „Dormitorium“ im Obergeschoss und „Maria Elisabeth“ im Erdgeschoss sind jetzt als moderne Veranstaltungsräume nutzbar. Die Qualität der Räumlichkeiten wird nicht alleine durch die zeitgemäße technische Ausstattung erreicht, sondern auch durch die vielen einzelnen sensiblen Planungsdetails, immer mit dem Ziel, so viel wie möglich zu erhalten und weiter zu verwenden. Vor allem die Freilegung und Sanierung der Stadtmauer aus dem 14. Jhd., die so wieder erlebbar ist, bestimmt die Atmosphäre der Räume. Der homogene anthrazitfarbene Terrazzoboden, in Anlehnung an den ortstypischen Basalt, und ein abgestimmtes Lichtkonzept setzten die Mauer dazu in Szene. Ein gläserner Anbau an den Eingangsbereich ermöglicht in Verbindung mit der Rampe im Innern die barrierefreie Erschließung und Nutzung. Der Leitspruch der Architektin: „Das Alte in bester Erinnerung bewahren, das Neue willkommen heißen.“

Weiter ging es mit den Ferienhäusern KLEINE BLEIBE in Montabaur, die Architekt Nils Fröhlich, Fröhlich Gassner Architekten Wiesbaden, zusammen mit seiner Frau auch als Bauherr realisiert hat. Eine Herausforderung war die Topografie des Grundstücks mit einem Höhenunterschied von zwölf Metern auf eine Länge von 35 Metern von der Straße bis zum oberen Abschluss am Waldrand. Zwei Bäume sollten unbedingt erhalten bleiben und der „Fußabdruck“ der Neubauten so gering wie möglich sein. Die umliegenden historischen Häuser waren Inspiration für die drei Häuser „Gipfelglück“, „Waldwunder“ und „Hitzekiste“, letzteres ist ein Saunahaus. Auf einem Betonsockel wurde der Rohbau aus vorgefertigten Brettsperrholzelementen in nur zwei Tagen fertiggestellt. Danach wurde konsequent mit dem Baustoff Holz, Fichte und Tanne, weitergebaut. Das Schwarz der äußeren Lattung bildet wieder den Bezug zum ortsüblichen Fachwerk. Im Innenausbau zeigt sich nur wenig bewegliches Mobiliar und alleine die Geräte, Armaturen oder Türgriffe weichen vom dominierenden Baustoff ab, sind aber im Farbkonzept nicht weniger konsequent immer weiß. Entstanden sind außergewöhnliche Ferienhäuser, in denen sich die Gäste bei vielfältigen inszenierten Ausblicken in die Natur „wie in den Bergen fühlen“, so Fröhlich.

Mit Landschaftsarchitekt Rolf Karbach wurde eine Freiflächenplanung vorgestellt, die sich vor allem durch den partizipativen Ansatz auszeichnete. Der „Aktiv-Park“ in Staudt „Erbsengarten“ zeige vor allem, so Karbach, dass man mit engagierten Gemeinden und Akteuren anhand der Bauleitplanung gute Projekte realisieren könne. Schon 2008 habe er mit der Spielleitplanung unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen begonnen. 2011 folgten ein Workshop und eine Planwerkstatt unter Beteiligung der Kids und 2018 startete die Umsetzung mit der Baugenehmigung. Die 2 Hektar große Wiese mit einem alten Tennensportplatz wurde in fünf Funktionsräume gegliedert. Für die Jugend gibt es eine Socceranlage, eine Dirtbikestrecke, eine Boulderwand und das gewünschte „Häuschen zum Unterstellen“ konnte mit der neuen WC-Anlage kombiniert werden. Zudem gibt es viele seniorengerechte Sitzgelegenheiten, eine Fitnessstrecke, neue Zuwege und zwei Stellplätze für Caravan mit allen notwendigen Anschlüssen, wodurch auch eine Förderung durch LEADER möglich wurde.

Trotz fortgeschrittener Zeit blieb die Aufmerksamkeit der Gäste beim letzten Projekt „Wohnen in der Alten Schule Oberhonnefeld“ von Architekt Prof. Thomas Kesseler ungebrochen. Er bezeichnete sich selbst als „Spezialist für Schrott“, da sich seine Arbeit vor allem der Rettung maroder Bausubstanz widmet. Das alte Fachwerkhaus hatte seit 1684 eine wechselvolle Geschichte erlebt und stand am Ende 23 Jahre leer. Der Architekt erwarb das Anwesen als Abrissgrundstück, aber abreißen wollten er und seine Frau keinesfalls. Mit ganz viel Liebe zur alten Bausubstanz, jeder Menge Eigenleistungen der ganzen Familie, Re-use der allermeisten Baumaterialien und 56 Metern neuer Eichenholzbalken für das Fachwerk, notwendig aufgrund eines Holzbockbefalls, entstand ein Haus, das heutigen Wohnstandards entspricht und inzwischen unter Denkmalschutz steht. „Man darf den Mut nicht verlieren“, so Kesseler abschließend und freute sich, das für den Tag der Architektur in Rheinland-Pfalz auch „kleine Häuser“ wie das seine ausgewählt wurden.

Das vollständige Programm mit allen 57 Projekten finden Sie hier. MEHR