14. November 2019

Ebertsiedlung Ludwigshafen

Im Mittelpunkt des Ortsgespräches am 25. Oktober 2019 in Ludwigshafen stand die im Stil des Neuen Bauens errichtete Ebertsiedlung samt angrenzendem Ebertpark, die Teil der Grand Tour der Moderne ist.
Im Mittelpunkt des Ortsgespräches am 25. Oktober 2019 in Ludwigshafen stand die im Stil des Neuen Bauens errichtete Ebertsiedlung samt angrenzendem Ebertpark, die Teil der Grand Tour der Moderne ist.
Foto: Kristina Schäfer, Mainz

Passend zum Bauhausjahr war die Ebertsiedlung, eine Großsiedlung des „Neuen Bauens“ aus den 1920er Jahren, Treffpunkt des Ortsgesprächs in Ludwigshafen

Die „Ortsgespräche“, ein gemeinsames Projekt der Architektenkammer Rheinland-Pfalz und der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), sollen Planer und Denkmalschützer zusammenbringen. In seiner Begrüßung hob Generaldirektor Thomas Metz das Ziel der Veranstaltungen hervor: „Architekten und Denkmalschützer sollten beide Seiten kennenlernen, Respekt vor den anderen ist die Grundlage guter Zusammenarbeit.“ Kammerpräsident Gerold Reker unterstrich diese Aussage: „Die Ortsgespräche sind ein Diskursprogramm, um miteinander ins Gespräch zu kommen.“

Gelegenheit dazu hatten die rund 100 Gäste während eines Rundganges durch die beeindruckende Anlage, die seinerzeit auf einem erstaunlich hohen architektonischen und technischen Niveau war.

Die erste Station des Rundgangs führte in eine der 713 Wohnungen, die für damalige Verhältnisse geradezu luxuriös waren: Knapp drei Meter Geschosshöhe, großzügig geschnitten, mit Loggia, Zentralheizung, fließend Warmwasser und Einbauschränken in der Küche. Schnell wird klar, dass die Wohnungen der Ebertsiedlung für höhere Angestellte gedacht waren. Klaus Schäffner, technischer Prokurist der GAG Ludwigshafen erklärte die damals einzigartigen, aber seit dem Zeiten Weltkrieg leider nicht mehr erhaltenen Gemeinschaftseinrichtungen wie Zentralheizung, Zentralwaschküche mit Trockenschränken oder die siedlungseigene Radioempfangsstation. Ebenso bemerkenswert waren die Schmuck- und Spielhöfe mit Goldfischbassins, Wasserspendern, beheizten Planschbecken für Kinder, die beaufsichtigt wurden und in denen man im Winter Schlittschuh laufen konnte. Ungewöhnlich war auch die sehr gute Infrastruktur der Siedlung mit Läden, Kindergarten, Gaststätte, Polizeistation und einem genossenschaftlichen Supermarkt. Zu verdanken waren die zukunftsweisenden Ideen dem Architekten Markus Sternlieb (1877-1934), Leiter des Hochbauamtes, Oberbaudirektor und Mitbegründer der GAG.

Auch nach der 2012 abgeschlossenen energetischen Sanierung sollten die besonderen Merkmale der durch klare Linien geprägten, schnörkellosen Fassaden erhalten bleiben. Architekt Matthias Ehringer von der Stadtplanung Ludwigshafen (Stadtbild- und Denkmalpflege) erklärte an der zweiten Station, wie sich das Erscheinungsbild der Fassaden durch die Wärmedämmung veränderte und welche Kompromisse gefunden werden mussten. Auch um Mietern einen zeitgemäßen Wohnkomfort zu bieten, waren Zugeständnisse nötig. Wolfram Seebach, Architekt in der Planungsabteilung der GAG, schilderte die dafür ergriffenen Maßnahmen, wie die in die Integration der Loggien in die Wohnungen oder die neuen, vorgestellten Balkone. „Es war ein hartes Ringen mit der Denkmalpflege“, erklärte Seebach.

Einen spannenden Abschluss fand das Ortsgespräch mit der anschließenden Gesprächsrunde im Turmrestaurant Ebertpark. Wolfgang van Vliet (Vorstand GAG), Matthias Ehringer und Klaus Schäffner diskutierten über den Spagat zwischen der erforderlichen Wirtschaftlichkeit von Mietobjekten und den besonderen Herausforderungen des denkmalpflegerischen Substanzschutzes historischer Bauten.

 

Archivbeitrag vom 14. November 2019