Professor Dr. Siegfried Englert, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, griff das Statement von Präsident Musil auf. Er sah die Architekten in Rheinland-Pfalz vor großen Herausforderungen: "Wir sollten die momentane wirtschaftliche Krise als Chance nutzen. Als Chance, neue Perspektiven zu entwickeln auch für das Berufsfeld des Architekten. Ein Tätigkeitsfeld mit Zukunft ist dabei beispielsweise das energiesparende Bauen und die energiesparende Sanierung des Baubestandes. Hier kann der Architekt als Experte beratend tätig sein. Für Rheinland-Pfalz ist die Erhaltung der Ortszentren eine zentrale Herausforderung. Es sind Ideen gefragt, um einerseits Ortsbilder zu erhalten und dies andererseits modernen Wohnansprüchen anzupassen", sagte Englert.
Die Bedeutung der Baubranche unterstrich auch Michael Halstenberg, Ministerialdirektor im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen. Damit effizienter gebaut werden könne, müsse die Kommunikation an den Schnittstellen verbessert werden, das „Leitbild Bau“, initiiert durch das Ministerium, will den Grundstein dazu legen. Entscheidend für mehr Qualität beim Bauen, sei eine veränderte Sichtweise, weg von den reinen Baukosten, hin zu einer Betrachtung des gesamten Lebenszyklus’ des Gebäudes, einschließlich der Betriebskosten. Dann werde sich zeigen, dass Qualität effizient und kostengünstig sei. Zurzeit befänden sich die Architekten in einem Preiswettbewerb, der dringend in einen Qualitätswettbewerb umgewandelt werden müsse. Auskömmliche Honorare seien dafür eine Grundlage. Die zehnprozentige Erhöhung der Sätze in der neuen HOAI sei daher das Minimum gewesen. Halstenberg betonte die Notwendig eines ausgebildeten Nachwuchses. Der Bologna-Prozess, mit der Einführung eines sechssemestrigen Bachelor-Abschlusses habe da einiges zum Schlechteren gewandelt. Es sei nicht einmal der Versuch unternommen worden, etwa durch Investitionen in hohe Betreuungsintensität Rahmenbedingungen zu schaffen, damit in der verkürzten Studienzeit die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten erlangt werden könnten.
Professor Dr. Christoph Hommerich, der in den vergangenen Jahren mehrere Studien zur wirtschaftlichen Lage von Architekturbüros erstellt hat, fasste den Strukturwandel in Zahlen: Die Baugenehmigungen für Wohnungen im Land sind in den vergangenen 15 Jahren von 43.000 pro Jahr auf 9.000 zurückgegangen, im Bund von 713.000 auf 175.000. Sein Rat an Architekten: Um sich auf dem schwierigen Markt zu behaupten, müssten sie sich besser vernetzen und ihre Kompetenz verstärkt kommunizieren.
Mehr Kommunikation forderte auch Dr. Michael Coridaß, Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Qualität hat ihren Wert, das müsse auch verständlich und nachvollziehbar bei Auftraggebern und Nutzern ankommen. So müsse die Architektenschaft - gleichzeitig Teil der Kreativwirtschaft wie des Immobiliensektors - den Spagat zwischen Kunst und Kommerz schaffen. Es gelte, die Balance zwischen Umatz und Rendite einerseits und andererseits dem öffentlichen Gut Baukultur, das einen größeren Nutzen stiften kann, als sich in Marktentwicklungen und Honorarzahlungen ausdrückt, zu wahren.