12. Dezember 2016

Weiter Mitmachen!

Vorstandsmitglied Jürgen Hill fordert in der Dezemberausgabe 2016 des DAB alle Architekten, Innenarchitekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten auf, sich für Baukultur zu engagieren, Möglichkeiten gibt es viele.

Nach den Wahlen im November 2011 steht im Vorfrühling 2012 alles auf Anfang: Fünf Jahre berufspolitisches Engagement liegen vor den neu- und den wiedergewählten Vertreterinnen und Vertretern - fünf Jahre Entscheidungen, fünf Jahre Budgets, fünf Jahre Darstellung des Berufsstandes und seiner Anliegen in der Öffentlichkeit.

Alles wie gehabt? Nicht schlecht - das wären dann fünf Tage der Architektur, drei Sommerfeste und zwei Architektentage, ein Architekturpreis Wein und ein oder zwei Architekturpreise Rheinland-Pfalz nebst Büchern und Wanderausstellungen. Das wären die Weiterführung des Dialogs Baukultur und die Wiedereröffnung des zb:zentrumbaukultur rheinland-pfalz in Mainz. Das wären Imageartikel in den Tageszeitungen und Anzeigen. Das wären überschlägig zwei Solartagungen, fünf Jahresempfänge und fünf Sachverständigentage. Es wären viele neue Druckerzeugnisse und manche gute Idee für neue Werbemittel. Es wären Bauherrenmessen und Energieeffizienztage, Symposien, politische Diskussionsrunden, Kammergruppenaktionen und fünf „wochen der baukultur“. Und es wären etwa 60 DAB-Ausgaben und mindestens genauso viele Newsletter, in denen alles im Detail nachzulesen ist.

Aber reicht das? Ganz sicher nicht! Wir alle sind Teil einer immer offeneren Dienstleistungsgesellschaft und planen längst nicht mehr exklusiv. Die Becken werden größer, das Wasser für die kleinen Einheiten wird flacher. Besser und schöner Schwimmen reicht da schon lange nicht mehr zum Überleben!

Wer erfolgreich bleiben will, muss Netzwerke bilden und verstehen, sich in Szene zu setzen. So werden dann auch die Öffentlichkeitsarbeit der Kammer, das Eintreten der gewählten Vertreterinnen und Vertreter des Berufsstandes und die bekannten wie die neu zu entwickelnden Veranstaltungsformate nur dann erfolgreich, wenn die Architektinnen und Innenarchitekten, die Stadtplaner und Landschaftsarchitektinnen sich einbringen.

Liquid Baukultur

Wo die Bedingungen für den Berufsstand zunehmend unübersichtlich werden, wird die programmatische Unterstützung der Kommunikationslinie wichtig. Gelegenheiten zur Aussprache und zur Darstellung dürfen nicht nur die offiziellen Sitzungen sein, als Gelegenheiten zum Austausch müssen auch die vielen Gespräche am Rande, die Feedbacks aus Veranstaltungen und die beiläufigen Anregungen verstanden und genutzt werden. Teilhabe und kritische Begleitung aller Kammermitglieder sind auch zwischen den Wahlterminen gefragt.

Mit den Piraten ist ein lebendiger Diskurs namens „Liquid Feedback“ gerade in Mode gekommen. Zum „flüssigen“ Austausch aller mit allen braucht es zwar auch ein paar schicke neue Internetanwendungen, hauptsächlich aber Menschen, die sich und ihre Sicht der Dinge einbringen wollen. Wir alle sollten deshalb in den Diskurs über Architektur und Baukultur eintreten, Gelegenheiten dazu gibt es viele.

Beim Tag der Architektur zeigen jedes Jahr 60 bis 70 Büros, wie sie zusammen mit ihren Bauherren gelungene Projekte umgesetzt haben - warum so wenige? In der „woche der baukultur“ sind es die Kammergruppen, die regionale Programme im Kollegenkreis erarbeiten: Sie laden zu Vorträgen und Führungen ein, organisieren Diskussionsrunden und Filmabende - seien Sie in diesem Jahr mit dabei!

Twitter? Facebook? Kammergruppe!

Das Eintreten und Werben für Baukultur ist nicht vollständig delegierbar auf ein paar Gremien und die Landesgeschäftsstelle. Das Sprechen und Werben für Baukultur bleibt Aufgabe aller Kammermitglieder. Alles beginnt im eigenen Büro. Und es beginnt ganz altmodisch und analog in der Begegnung von Menschen.

Prozesse wie Stuttgart 21, aber auch die Planungen für Einkaufsmalls in Kaiserslautern und Mainz zeigen, dass Stadtentwicklung, Baukultur und Architektur Themen sind, die viele Menschen bewegen. Warum also nicht dieses Interesse nutzen? Wenn dort nach Auffassung vieler Architekten in eine falsche Richtung diskutiert wird, wenn rekonstruierte Idyllen, wie sie in Frankfurt das abgebrochene technische Rathaus ersetzen sollen, zum Schrecken vieler Kolleginnen und Kollegen allgemein Gefallen finden, dann hilft nur, mitzudiskutieren.

Sei es das flächendeckende Zukleben gewachsener Stadtbilder im Zeichen der Energieeinsparung oder das unbedachte Abreißen nobel-schlichter Nachkriegsmoderne: Engagement für Baukultur, Öffentlichkeitsarbeit für qualitätsvolle Architektur heißt, gestalterisch saubere, ökonomisch sinnvolle und energetisch zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln - und es heißt, darüber zu sprechen.

In Mainz gibt die Rheinland-Pfalz-Ausstellung im März Gelegenheit, Bau- und Sanierungwillige vom Mehrwert der Architektur zu überzeugen, ihnen vom doppelten Nutzen gründlicher Planung und von den Synergieeffekten einer energetischen Sanierung, die barrierearme, wenn nicht gar freie Lösungen vorsieht, zu berichten. In Trier findet zeitgleich die Öko 2012 statt, im Herbst die Wittlicher Wirtschaftswochen.

Die Themen werden uns in Zeiten des demografischen Wandels, des drohenden Leerfallens strukturschwacher Regionen und historischer Ortskerne, beim zeitgemäßen Weiterbauen in Welterberegionen und in der baulichen Definition sich wandelnder Arbeits- und Einkaufswelten nicht ausgehen.

Jürgen Hill
Innenarchitekt / Architekt, Mainz

 

Archivbeitrag vom 12. Dezember 2016