5. Oktober 2009
15/2009
Mainz/Landau. Architekten befinden sich auf einer Gratwanderung zwischen Qualitätsanspruch und wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Die wirtschaftliche Lage engt ihren Freiraum noch weiter ein. In Rheinland-Pfalz hat sich das Geschäftsklima, im Gegensatz zum bundesweiten Trend, in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert. Mit der Frage, welche Auswege und Chancen es dennoch gibt, beschäftigte sich der rheinland-pfälzische Architektentag in der Landauer Festhalle. Mut zum Aufbruch machte Reinhold Messner den rund 170 anwesenden Architekten aller Fachrichtungen. Stefan Musil, Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, wurde in seinen Forderungen konkret: Die gesetzlichen Regelungen sollen an die in den vergangenen Jahren geänderten Bedingungen, an den erhöhten Bearbeitungsaufwand und die zusätzlichen Risiken, die mit dem Bauen im Bestand verbunden sind - endlich angepasst werden.
Musil wies in seiner Eröffnungsrede auf das Dilemma der Architekten hin: Persönlicher Anspruch, baukulturelle Verpflichtung und wirtschaftliche Zwänge stehen oft genug im Widerstreit. Zusätzlich stellt der Strukturwandel sie vor Herausforderungen: Der Neubau ist als Hauptbetätigungsfeld der Architekten weitgehend weggebrochen. Das „Bauen im Bestand“ bestimmt den Berufsalltag. Dem dadurch höheren Bearbeitungsaufwand und der größeren Verantwortung steht in der Ausbildung seit dem Bologna-Prozess mit dem sechssemestrigen Bachelor ein „Weniger“ konterkarierend gegenüber - eine für Musil nicht nachvollziehbare Entwicklung. Musil setzte sich vehement für die Schaffung eines Bauvertragsrechtes mit der angemessenen Verteilung von Haftungsrisiken ein. Es könne nicht sein, dass Architekten unabhängig vom Verursacherprinzip für alle Schäden haften.
Zur baukonjunkturellen Krise trägt die Investitionsmüdigkeit auf dem Wohnungsbausektor wesentlich bei. In den vergangenen Jahren wurde die Wohnbauförderung konsequent abgeschafft. In der Folge werden statt der notwendigen 250.000 bis 300.000 neuen Wohnungen jährlich, nur 175.000 errichtet. Nun drohen erhebliche Engpässe. Schließlich stellt Musil die Frage, ob die Architekten - allen anders lautenden Beteuerungen zum Trotz - mit dem Anspruch an bauliche Qualität nicht allein gelassen würden. Immerhin werde der Bau eines baukulturellen Sündenfalls wie des heimattümelden „Dorfes Eifel“ in Fachwerkoptik am Nürburgring, dessen Nachhaltigkeit oft genug bezweifelt wurde, durch die Politik unterstützt.