05. November 2025

Zukunft? Gestaltbar!

Rind
Kammerpräsident Joachim Rind eröffnete den Zukunftskongress mit über 350 Gästen aus Politik, (Bau)Wirtschaft, Kultur und Medien, Mitgliedern der Baufamilie, Juniormitgliedern und Studierenden
Foto: Markus Kohz

75 Jahre Architektenkammer Rheinland-Pfalz

Wie sieht das Berufsbild der Architektenschaft von morgen aus? Welche Strategien ermöglichen die nötige Transformation im Bauwesen? Wie lässt sich zirkulär, suffizient, klimaresilient, ja zukunftssicher planen und bauen? Und wie können Stadträume noch stärker miteinander verwebt werden? Der Zukunftskongress zum 75. Kammerjubiläum am 31. Oktober in der „Halle 45“ in Mainz nahm die aktuellen Herausforderungen und Chancen des Bauens in den Blick und diskutierte zentrale Zukunftsfragen. Über 350 Gäste aus Politik, (Bau)Wirtschaft, Kultur und Medien, Mitglieder der Baufamilie, Juniormitglieder und Studierende waren dabei, um sich an der Positionsbestimmung zu beteiligen.

„Planen und Gestalten richtet sich immer auf ein Morgen. Dieses Morgen und eine offene Zukunft nehmen wir bei unserer 75-Jahr-Feier in den Blick“, sagte Kammerpräsident Joachim Rind in seiner Begrüßung und forderte die Anwesenden auf, der Zukunft mit Mut, Zuversicht und Tatendrang zu begegnen.

„Wir in Rheinland-Pfalz gestalten gemeinsam gute Zukunft. Auf die Architektenkammer Rheinland-Pfalz ist Verlass, wenn es um innovative Stadt- und Regionalentwicklung, nachhaltigen Klimaschutz, moderne Mobilität und smarte Digitalisierung geht“, sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer, auch mit Blick auf das von der Bundesregierung geschnürte Infrastrukturpaket. Im Trialog mit Präsident Rind und Prof. Matthias Böttger, der sich für einen Umbauturbo aussprach, warb er für mehr Pragmatismus. Statt entweder oder solle sowohl Umbau als auch Neubau gefördert werden.  

Auch Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen hob die gesellschaftsrelevante Bedeutung der Architektenkammer Rheinland-Pfalz hervor. Planende seien mehr als kreative Gestalterinnen und Gestalter der gebauten Umwelt. Sie seien vielmehr unverzichtbare Partnerinnen und Partner für gesellschaftliche Ziele, um nachhaltiger, schneller, einfach und zugleich hochwertig zu bauen.

Vielfältige Themen, lebendige Formate

Neben Fachimpulsen und Gesprächen mit der Politik wurden in sieben parallelen Workshops neue Perspektiven und Visionen für die Zukunft entwickelt – und das in unterschiedlichsten Formaten zum Mitmachen, Zuhören, Ausprobieren, zum Diskutieren und Austauschen. Von Kurzvorträgen und Gesprächsrunden wie im Workshop „Die Zukunft ist anders“ mit mehr als 15 Fachleuten aus Praxis, Verwaltung und Lehre zum Berufsbild in Bewegung über den „Markt der (digitalen) Möglichkeiten“ mit Inspirationen zu BIM und KI bis hin zur roten SuffizienzCouch, wo im Streitgespräch „Bauturbo“ versus „Genug gebaut!“ unterschiedliche Haltungen aufeinandertrafen.

Zwischen Utopie und Untergang

Eingangs hatte Zukunftsforscher Tristan Horx in seiner Keynote für einen wütenden Optimismus, für mehr Selbstvertrauen und eine gehörige Dosis Jammerverzicht plädiert. Trotz sehr herausfordernder Zeiten, die Lage sei keineswegs hoffnungslos. „Wir können die Zukunft zurückerobern, wenn wir sie neu betrachten“, sagte Horx. Krisen müssten als Übergangsphase hin zu einem neuen Normal betrachtet werden, zumal auf Trends immer wieder Gegentrends folgten: Der „Landflucht“ etwa stehe nun das Phänomen der „Stadtflucht“ gegenüber. Doch wem gehört die Zukunft – Stadt oder Land? Diese Frage ließ er offen. In seinem kurzweiligen, gerne auch mal etwas überspitzten Vortrag machte er klar: Zukunft lasse sich nur gemeinsam, generationenübergreifend gestalten. Es brauche sowohl die Rebellion der „Jungen“ als auch die Weisheit der „Alten“.

Eine lohnenswere Zukunft kann kommen, mit wütendem Optimismus. 
Tristan Horx, Zukunftsforscher

Gestaltungsaufgabe Zukunft

Mit den vielfältigen Themen des Zukunftskongresses wurde der Blick nach vorn gerichtet. Dabei wurde deutlich: Die Zukunft des Bauens bedeutet nicht höher, schneller, weiter – sondern intelligenter, bewusster und gerechter. Die Zeit linearer Bauprozesse ist vorbei. Zirkularität, Suffizienz, Klimaresilienz und Nachhaltigkeit sind gefragt, um zukunftssicher zu bauen – unterstützt durch moderne Technologien wie BIM und KI. Zugleich ergeben sich auch an den Schnittstellen zwischen privat und öffentlich Möglichkeiten, Stadträume künftig noch stärker miteinander zu verweben und Synergien zu schaffen. Doch dafür braucht es Haltung, eine stärkere Verzahnung von Theorie und Praxis, gute Beispielprojekte und einen Berufsstand, der flexibel auf Transformationsprozesse reagiert. „Die Themen und Herausforderungen sind vielfältig. Aber – das hat der heutige Tag eindrucksvoll gezeigt – Zukunft ist gestaltbar, wenn wir sie gemeinsam anpacken“, so das positive Fazit von Kammerpräsident Joachim Rind.

Zukunft ist gestaltbar, wenn wir sie gemeinsam anpacken. 
Joachim Rind. Kammerpräsident

Durch den Kongress, an dem mehr als 60 Impulsgebende mitwirkten, führte BAK-Geschäftsführer Dr. Tillman Prinz. Dr. Brigitte Schultz moderierte die Gesprächsrunde mit Ministerin Doris Ahnen. Die begleitende Ausstellung „Zeitspuren und Zukunftsskizzen“ – von Kammermitgliedern gemacht – warf ein Schlaglicht auf 75 Jahre Architektenkammer Rheinland-Pfalz und zeigte neben Plänen, Skizzen und Bildern auch spannende Exponate.

Bei all dem kam das Feiern aber nicht zu kurz. Für Stimmung sorgte am Abend die Mainzer Partyband Jammin´Cool.