01. Juli 2025

„StrohGold“

Herbert Hofer
Herbert Hofer
Foto: Kirsten Bucher, Frankfurt

Als nachwachsender Baustoff bietet Stroh große Potentiale

Es ist schön zu hören, dass der Wohnungsbau von der Politik wieder stärker in den Fokus gerückt wird. Bei allen Ambitionen ist es wichtig, Nachhaltigkeitsaspekte beim Bauen zu beachten. Und weiter im Auge zu behalten.

„StrohGold“ betitelte Katharina Elert ihre innovative Arbeit, die sie an der Hochschule Weimar an den Strohballenbautagen im Mai vorstellte. An diesen Tagen kommen engagierte, hochmotivierte Menschen zusammen, um sich über die neuesten wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse für den Einsatz von Stroh als Baustoff auszutauschen und weiterzubilden.

Stroh gewinnt als nachhaltiger Baustoff zunehmend an Relevanz.

Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen hat eine lange Tradition. Um 1900 haben erstmals nordamerikanische Siedler im holzarmen Nebraska ihre Häuser aus lasttragenden Strohballenkonstruktionen gebaut. Als ältester Strohballenbau Europas gilt die Maison Feuillette im französischen Montargis von 1920. Gerade mit Blick auf die Langlebigkeit und Nachhaltigkeit des Baustoffs Stroh ist es kaum zu verstehen, dass dieses Material von vielen Industrieprodukten verdrängt wurde. Mitte des 20. Jahrhunderts war der Strohballenbau weitgehend in Vergessenheit geraten. Eine Wiederentdeckung ging in den 1970er Jahren von den USA aus. Nach einigen wenigen Pionierbauten vor der Jahrtausendwende fasst die Strohbauweise auch in Deutschland allmählich Fuß. Die Zahl der Strohballenbauten wird bundesweit auf rund 1.800 geschätzt.* Der Strohballenbau ist bauaufsichtlich anerkannt (bis zur Gebäudeklasse 3); mit der Strohbaurichtlinie liegt ein Standard für den fachgerechten Strohballenbau vor. Doch nicht nur Stroh, auch andere natürliche Baustoffe wie Holz und Lehm gewinnen angesichts des Klimawandels und wachsender ökologischer wie ökonomischer Anforderungen zunehmend an Bedeutung.

Stroh – der Baustoff der Zukunft? Stroh ist nicht nur regional verfügbar, sondern ermöglicht wider jegliche Klischees moderne Architektur. Er bietet vielfältige Möglichkeiten beim Bauen und Sanieren, speichert Wärme und sorgt so für ein angenehmes Raumklima. Nachnutzung, Recycling und eine umweltfreundliche Entsorgung sind problemlos möglich.

Gerade in Flächenländern kann Stroh einen großen Beitrag zum nachhaltigen Bauen leisten. Jährlich bleiben etwa 10 Millionen Tonnen Getreidestroh ungenutzt. Diese Menge würde für ca. 100.000 Mehrfamilienhäuser mit vier Wohneinheiten ausreichen. Überdies sind in einer Tonne Stroh 1,25 Tonnen CO2 gespeichert. Bei einem jährlichen Wachstumszyklus ist das ein großer Vorteil zu herkömmlichen Baustoffen!

Bisher findet Stroh vor allem beim Bau von Einfamilienhäusern und im ein- bis dreigeschossigen Wohnungsbau Verwendung. Er eignet sich jedoch ebenso für größere Projekte, wie der Blick nach Frankreich zeigt. Hier wird Stroh seit längerem im mehrgeschossigen Wohnungsbau und in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten eingesetzt. Nach den neuesten Bestrebungen in der Politik ist zu hoffen, dass die Verantwortlichen für bessere Bedingungen und eine größere Unterstützung sorgen, damit der Baustoff seinen Beitrag zur nachhaltigen Linderung der Wohnungsnot leisten kann.