17. November 2022

Plädoyers für den Erhalt

Das Allianzhaus, Ansicht vom Flachsmarkt
Allianzhaus Mainz, Ludwig Goerz (1963)
Foto: Vanessa Evard, Mainz

„Das Allianzhaus ehemals, gestern und heute“: Brechend voll war das Zentrum Baukultur am 3. November 2022 zur Abendveranstaltung der Mainzer Kammergruppe in Kooperation mit DIE BETONISTEN.

Der Abend war einem Stück Mainzer Stadtgeschichte gewidmet, dem Allianzhaus in der Großen Bleiche. Der markante Bau von 1963 vom Architekten Ludwig Goerz († 1988) muss immer wieder um einen Abriss fürchten, obwohl er mit dem „Café Blumen“ und dem „Kulturclub Schön“ eine Institution und wichtiger Treffpunkt in der Mainzer Innenstadt ist.

Der kubische Geschäftsbau ist ein Vertreter der Nachkriegsmoderne in unmittelbarer Nachbarschaft zur barocken Peterskirche. Warum das Gebäude so wertvoll für Mainz und seine Menschen ist, dazu sprachen Journalist Michael Bermeitinger, Kunsthistoriker Jonas Grahl, DIE BETONISTEN, und Stadtplaner Dr. Rainer Metzendorf flammende Plädoyers, die keinen Besucher unberührt ließen.

Auch wenn viele Mainzerinnen und Mainzer über das Allianzhaus sagten „des is doch gar net schee“, so Bermeitinger, sei es eine „starke städtebauliche Figur“, das im Stadtraum eine Brücke schlage. Nach dem zweiten Weltkrieg habe der Wiederaufbau im armen Mainz gedauert erzählte er weiter. Über den Wiederaufbau herrschte keine Einigkeit bei den Entscheidungsträgern der Stadt. 1962 kam dann der notwendige Anschub mit den Feierlichkeiten zum 2000-jährigen Stadtbestehen. Die Stadt wurde „schön gemacht“, erläuterte Bermeitinger.

Jonas Grahl, verfasste seine Masterarbeit im Fachbereich Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität zum Allianzhaus. Die Qualität der Architektur wies er anhand vieler Aspekte und Gebäudedetails nach. Besonders sensibel reagiere das Allianzhaus auf die Peterskirche mit dem roten Sandstein der Fassade und der Aufnahme der Höhe im Traufgesimses. „Auf die Details komme es an“, so Grahl. Der einst als Blumengeschäft genutzte Pavillon wirke deshalb gläsern transparent das auskragende Vordach schwebend.

Einen wertvollen Gang durch die Mainzer Stadtentwicklung nach 1945 und die Gestaltung der Großen Bleiche verschaffte Dr. Rainer Metzendorf. Als „Abschied von der Nachkriegszeit“, sei die Große Bleiche als Vorzeigestraße geplant worden, die ihren Abschluss mit Peterskirche fand. Hier seien die „elegante Geschäfte“ gewesen, so mancher Stadtbummel sei im Allianzcafé mit dem Flair von „Klein-Paris“ „Wenn man bedenkt, welche Gebäude Mainz verloren hat, obwohl sie zu retten gewesen wären…“, gab Metzendorf im Abschluss seines Plädoyers zu bedenken.
Den Fehler der Nachkriegszeit, zu viel zu schnell abzureißen darf in Bezug auf die Nachkriegsmoderne nicht wiederholt werden. Das Erhalt des Allianzhauses ist hoffentlich alternativlos.

Wenn man bedenkt, welche Gebäude Mainz verloren hat, obwohl sie zu retten gewesen wären…
Dr. Rainer Metzendorf