09. Juni 2016

Ein starkes Team in Boppard

Die vierte Veranstaltung der Reihe "Ortsgespräche" führte Architekten und Denkmalpfleger zur Kurfürstlichen Burg in Boppard. Rund zehn Jahre wurde die Sanierung der rund 700 Jahre alten Anlage geplant und durchgeführt. Manche Unwägbarkeiten waren zu bewältigen, doch statt möglicher Kontroversen wuchs der Teamgeist.

Mehr als 700 Jahre gebaute Geschichte konzentrieren sich in der Kurfürstlichen Burg in Boppard, die weithin sichtbar das Rheinufer beherrscht. Um 1265 vermutlich unter König Richard von Cornwall gegründet, baute sie im 14. Jahrhundert der Trierer Kurfürst Balduin von Luxemburg zur Zollstätte aus. Der Wiederaufbau im späten 17. Jahrhundert nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg machte aus der Burg eine Vierflügelanlage, die unverändert von dem mächtigen mittelalterlichen Bergfried überragt wird.

Thema des vierten Ortsgespräches war die Instandsetzung und Neueinrichtung der Kurfürstlichen Burg für Museums- und Ausstellungszwecke durch die Stadt Boppard zwischen 2009 und 2015. Dabei sahen sich Architekten, Bauingenieure und Denkmalpfleger mit der gesamten Bandbreite an Aufgaben konfrontiert, die ein bedeutendes Baudenkmal stellen kann: der baulichen und statischen Sicherung, der inneren Erschließung, der Restaurierung historischer Oberflächen und der Gestaltung der Ausstellungsräume, schließlich der zeitgemäßen Ergänzung fehlender Bauteile. Umfangreiche bauhistorische und restauratorische Untersuchungen bildeten die Grundlage für Planung und Ausführung. Historische Putze, gotische Wandmalereien und ein reicher Bestand an stuckierten Kölner Decken waren zu berücksichtigen.

Am preisgekrönten Entwurf des Architekturateliers Detmold/Berlin (Elmar Torinus, Constanze Altemüller) lobte die Jury die „asketische Zurückhaltung“: „Behutsame Eingriffe stellen die Authentizität des Kulturdenkmals sicher. Sprache und Grammatik der Architektur stellt gekonnt die verborgenen Qualitäten der Burg in den Vordergrund.“ Die seit dem 19. Jahrhundert den Rheinflügel zerteilende „Franzosenbresche“ wurde durch eine „Lichtfuge“ geschlossen, die einen durchgehenden Museumsrundgang ermöglicht und zugleich unerwartete Ausblicke auf den Rhein gewährt.

Stadtbürgermeister Dr. Walter Bersch, die zuständige Gebietsreferentin und inzwischen stellvertretende Landeskonsevatorin, Dr. Doris Fischer, die Architektin Constanze Altemüller für das Architekturatelier Detmold/Berlin - Gewinner des Wettbewerbs - sowie die Architektin Sabine Naujack für das bauleitende Büro Architekten Naujack Rind Hof, Koblenz, ehemals Naujack Rumpenhorst Architekten und Innenarchitekten und als Moderator Dr. Wolfgang Bachmann haben zusammen mit der Kölner Restauratorin Karen Keller sowohl auf dem in mehreren Gruppen durchgeführten Rundgang wie in der anschließenden Gesprächsrunde die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten dargestellt. Präsident Gerold Reker und Architekt Thomas Metz, Genraldirektor der GDKE hatten die Veranstaltung - ein Kooperationsprojekt der Generaldirektion Kulturelles Erbe und der Architektenkammer - zuvor mit kurzen Grußworten eingeleitet.

Dr. Bersch lobte das Wettbewerbsverfahren als gutes Instrument, geeignete Lösungen für komplexe Bauaufgaben zu finden, und zeigte sich mit dem Resultat einer rund zehnjährigen Planungs- und Umbauzeit sehr zufrieden. Mit so viel Einigkeit zwischen der Bauherrschaft, der Denkmalpflege und den beiden beteiligten Architekturbüros tat sich einzig der Moderator Dr. Wolfgang Bachmann schwer: Ziel der Ortsgespräche ist es doch eigentlich, kontroverse Sichtweisen auf ein Projekt in einen fruchtbaren Austausch zu bringen. Diese Kontroversen wollten sich aber trotz intensiver Nachfragen gar nicht ergeben. Die Gesprächspartner nutzten lieber die Zeit, um die speziellen Herausforderungen konservatorischer und konstruktiver Art, die im Laufe der Sanierung zu Tage traten, sowie interessante Befunde (Farbigkeit außen, mittelalterliche Malereien und ein Originalputz im Turm) zu erläutern. Dieser Ansatz wurde vom Publikum sehr interessiert verfolgt. Viele am Projekt interessierten Bürgern bot sich so die Möglichkeit des lebendigen und facettenreichen Einblickes in die fachlichen Leistungen der Architekturbüros, der Restauratorin und der Denkmalpflege.

    

Archivbeitrag vom 9. Juni 2016