Die Vizepräsidentin der Landespsychotherapeutenkammer, Dr. Andrea Benecker, skizzierte zu Beginn des Jahresempfangs das Aufgabenspektrum ihres Berufsstandes: „Wir werden vor allem dann gebraucht, wenn es im Leben mal nicht so rund läuft, wenn chronische Überlastung depressiv macht, wenn Menschen sich wertlos fühlen oder wenn schwere Traumata bewältigt werden müssen“. Die Psychotherapeuten gehören der kleinsten von insgesamt dreizehn Kammern an, die zum traditionellen Jahresempfang für den 7. Februar in die Rheingoldhalle nach Mainz eingeladen hatten. Im Kreis der Einladenden neu dabei war die jüngste der Kammern in Rheinland- Pfalz: die Landespflegekammer. Dr. Benecke lenkte in ihrem Statement für die Freien Berufe dann den Blick auf die kammerübergreifenden Auswirkungen der Niedrigzinsphase für die Versorgungswerke und damit auf eine der Voraussetzungen für eine unabhängige, hochwertige Leistungserbringung durch die freien Berufe. „Das Versprechen lautet: Berufsständische Versorgungswerke sichern ihre Mitglieder im Alter und bei Berufsunfähigkeit ab und bieten den Hinterbliebenen finanziellen Schutz (…) Trotz aller Unterschiede eint uns die Sorge vor einer möglichen Einschränkung der berufsständischen Selbstverwaltung und vor allem die Sorge um die finanzielle Absicherung unserer Mitglieder im Alter.“
Als Hauptredner des Abends ging anschließend Bundesbankpräsident Dr. Jens Weidmann mit drei Thesen und einer kleinen ökonomischen Lehrstunde ans Rednerpult: Die deutsche Wirtschaft, so Weidmann, sei gut, schöpfe aber ihr Wachstumspotential derzeit nicht aus. Den viel kritisierten Leistungsbilanzüberschuss sah Weidmann dabei als weniger problematisch an. Dieser sei im Hinblick auf den demografischen Wandel ein sinnvolles Polster und werde in Zukunft alleine durch die abnehmende Zahl von Erwerbstätigen abgebaut. Den Überschuss durch vermehrte Aufnahme von Schulden zu mindern, darin sah Weidmann keinen Weg. Er plädierte vielmehr dafür, stärkere Anreize für private Investitionen zu setzen.
Mit Blick auf die europäische Währungspolitik führte er aus, dass sich ohne eine politische Union auch eine Haftungsunion verbiete. Stattdessen müssten die Mitgliedsstaaten jeweils ihre eigenen Schulden verantworten. Die großen Defizitländer in Europa hätten den Schuldenabbau leider verpasst. Zum dritten meinte er, die Niedrigzinspolitik habe in der Banken- und Schuldenkrise geholfen, könne aber die tiefer liegenden Grundsatzprobleme nicht ausräumen und müsse daher beendet werden. Das Ziel der EZB-Geldpolitik, eine nahe zwei Prozent liegende jährliche Inflationsrate, die allgemein als ideal im Hinblick auf die Preisstabilität angesehen wird, sei nahezu erreicht. Das Gespenst der Deflation und damit einer Lahmlegung der Wirtschaft sei dagegen inzwischen gebannt.