17. April 2024

Vertreterversammlung im Hunsrück-Hochwald

Gedenkstätte Hinzert
Ein besonderer Ort für die Frühjahrssitzung der Vertreterversammlung: Gedenkstätte Hinzert
Foto: Kristina Schäfer, Mainz

Mit der Frühjahrssitzung ist die Vertreterversammlung traditionell in Rheinland-Pfalz unterwegs

Am 15. März war mit der Gedenk- und Begegnungsstätte „SS Sonderlager KZ Hinzert“ ein ungewöhnlicher Ort gewählt. Dr. Sabine Arend, Leiterin der Gedenkstätte, erläuterte bei ihrer Begrüßung, dass es sich ursprünglich um ein Polizeihaftlager, dann ein „Arbeitserziehungslager“ und später um ein Konzentrationslager für deportierte Männer aus zahlreichen von der Wehrmacht besetzten Ländern gehandelt habe. „Jetzt kann man an so einer Stätte nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen“, gab Vizepräsident Joachim Becker eingangs der Sitzung zu bedenken. Um dem bedeutungsschweren Ort angemessen zu begegnen, zitierte Becker aus der Rede des ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck anlässlich der Eröffnung des Hauses 2005 mit den aufgrund ihrer Aktualität sehr nachdenklich stimmenden Worten, dass es auch „in unserer Zeit Menschen gibt, die sich auf so katastrophale Weise verirren, dass sie das Unrecht leugnen, gar neues Unrecht billigend in Kauf nehmen, die die gleiche Ideologie wieder vertreten, die zu dieser schrecklichen Katastrophe zwischen 1933 und 1945 geführt hat“.

„Das Gebäude muss eine Verwerfung in der Natur sein“, umschrieb Architekt Pascal Richter von Wandel Lorch Götze Wach den Entwurfsgedanken des Architekturbüros, damals Wandel Hoefer Lorch + Hirsch. Der „Erd-Stahlwurm“ lenke die Aufmerksamkeit auf die Geschichte des Ortes. Da von den Holzbaracken nichts übrig sei, könne man sich nicht auf Gebautes beziehen. Kein normales Haus sollte entstehen, sondern ein „Objekt des Erinnerns“, ein Bildungsort, der zur Aufklärung diene.

Einfacher und digitaler

Architekt Marc Derichsweiler sprach im traditionellen Gastvortrag über die Erleichterungen im Bauordnungsrecht auf dem Weg zum Gebäudetyp-e und zum Sachstand „Digitaler Bauantrag“. Im Ministerium der Finanzen als oberster Bauaufsichtsbehörde vertritt Derichsweiler das Land in den Gremien der Bauministerkonferenz. Die von ihm vorgestellten, anstehenden Änderungen der Musterbauordnung zielen auf Erleichterungen beim Bauen im Bestand. So sollen beispielsweise bei der Nutzungsänderung von „rechtmäßig bestehenden Gebäuden“ zu Wohnraum bestimmte Paragraphen zu Abstandsflächen und Brandschutz nicht zur Anwendung kommen. Zudem müsse der Bestandsschutz im Hinblick auf die tragende Konstruktion nicht entfallen. Werde ein Gebäude aufgestockt, sollte nicht die Genehmigungsfrage für das ganze Gebäude neu gestellt werden, auch nicht beim Wechsel der Gebäudeklasse. Dazu sollen Freistellungsverfahren auf den Dachausbau, eingeschlossen Gauben, ausgeweitet werden. Bereits seit vier Jahren werde am digitalen Bauantrag gearbeitet, berichtete Derichsweiler weiter. In den beiden Pilotbehörden Stadt Trier und Kreisverwaltung Cochem-Zell sei in einem „Silent Go Live“ mit einzelnen Architekturbüros und Bauherrschaften die erste von drei Testphasen kurz vor dem Start. Für umfängliche Informationen wies er auf zwei kostenfreie Onlineseminare in Kooperation mit der Stadt Trier im April hin.

Bericht des Vorstands

In Vertretung von Präsident Joachim Rind übernahm Vizepräsidentin Edda Kurz diesmal den ausführlichen Bericht des Vorstands. Im November 2023 hatte ein Austausch mit dem Landesrechnungshof stattgefunden. Hintergrund war eine Abfrage nach Wettbewerbsverfahren der vergangenen Jahre bei den Kommunen und auch der Kammer. Nach Prüfung der gemeldeten Verfahren zeigte sich der Rechnungshof gegenüber Wettbewerben grundsätzlich positiv und wertete diese als transparente und zielführende Vergabeverfahren. Der Austausch der Kammerspitze mit dem Gemeinde- und Städtebund stand im Zeichen von Vergaberecht und Fachkräftemangel. Hierüber wie über die Treffen mit Staatsminister Alexander Schweitzer und Oberbürgermeisterin Beate Kimmel wurde bereits in den letzten DAB-Ausgaben berichtet.

Die Vizepräsidentin nahm die Vertreterversammlung zum Anlass, die Ergebnisse der BAK-Konjunkturumfrage, bei der sich rund 5 Prozent der selbstständig tätigen Mitglieder im Januar beteiligt hatten, detailliert vorzustellen. Mehr als die Hälfte der Befragten sah sich im letzten Jahr mit Projektpausen, -rückstellungen oder -absagen konfrontiert. Dennoch werde die wirtschaftliche Lage der meisten Büros derzeit noch mit gut oder befriedigend bewertet.

Noch einmal griff Kurz im Anschluss die Problematik rund um die Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV auf. Derzeit werde diskutiert, ob mit dem Verbot der getrennten Betrachtung von unterschiedlichen Planungsleistungen auch die getrennte Betrachtung von Planungs- und Bauleistungen entfallen könne. Nach dem sogenannten „Hamburger Modell“ könne dann der Schwellenwert für Bauvorhaben von aktuell 5,538 Mio. Euro gelten. Die BAK hatte dazu gemeinsam mit der Bundesingenieurkammer ein Gutachten bei Professor Dr. jur. Martin Burgi, Ordinarius für Öffentliches Recht und Europarecht, in Auftrag gegeben, das im Kern den vorgestellten Weg bestätigte. Die zuständigen Ministerien, kommunalen Auftraggeber und Auftragsberatungsstellen wurden nach Veröffentlichung des Gutachtens durch die Geschäftsstelle über die Ergebnisse schriftlich informiert.

Erstmals hatten die zur Vertreterversammlung eingeladenen Sprecherinnen und Sprecher der regionalen Kammergruppenteams die Möglichkeit, ihre laufenden Aktivitäten vorzustellen. Um das ehrenamtliche Engagement zu unterstützen, wurde auf Wunsch des Vorstandes ein Aktionspaket mit Postkartenaktion für die Kommunalwahlen Anfang Juni vom Referat Öffentlichkeitsarbeit erarbeitet und in Hinzert vorgestellt. Damit bietet sich den zwölf Teams die niederschwellige Möglichkeit, baupolitische Forderungen an die Kandidatinnen und Kandidaten zu richten und auf die Expertise des Berufsstandes hinzuweisen.