08. Oktober 2021

3. Brandschutztag Rheinland-Pfalz

Der 3. Brandschutztag Rheinland-Pfalz wurde in mittlerweile schon gewohnter Tradition vom InformationsZentrum Beton federführend ausgerichtet. Die Architektenkammer war Partnerin der Veranstaltung.

Am 21. September 2021 drehte sich für die Teilnehmer des 3. Brandschutztages alles um den vorbeugenden und den abwehrenden Brandschutz sowie um das Thema Rettung. Auf das Grußwort von Roger Lewentz, Minister des Inneren und für Sport in Rheinland-Pfalz, folgte ein erster Block, in dem über die aktuellen Neuerungen im Bau- und im Sonderbaurecht berichtet wurde.

Marc Derichsweiler vom Finanzministerium beleuchtete Neues in der Landesbauordnung, die durch Gesetz vom 3. Februar 2021 geändert wurde. Ziel sei es gewesen, die Digitalisierung, den Holzbau und den Mobilfunkausbau zu befeuern sowie die Bescheinigung durch sachverständige Personen zu erleichtern. Umgesetzt wurde dies wie folgt: Ab dem 1. August soll der elektronische Bauantrag Status Quo sein (wir berichteten). Um den Holzbau zu stärken sind künftig auch Bauteile, die feuerbeständig oder hochfeuerhemmend sein müssen, aus brennbaren Stoffen zulässig, sofern sie den technischen Baubestimmungen entsprechen. Bescheinigt eine sachverständige Person, dass die bauaufsichtlichen Anforderungen auch unter Abweichungen erfüllt sind, dann bedarf es außerdem keiner gesonderten Zulassung mehr durch die Bauaufsichtsbehörde. Anschließend konkretisierte Rainer Fett, ebenfalls aus dem Finanzministerium, die Neuregelungen in den Sonderbauvorschriften.

Das weitere Programm widmete sich verstärkt der Praxis. So beschrieb Thorsten Sperrle von der Sparkassen Versicherung exemplarisch den Brand eines gemäß Industriebaurichtlinie aus nicht brennbarem Tragewerk errichteten Galvanikbetriebes. Die Produktion des Galvanikbetriebes fand in zwei benachbarten Hallen statt, von der eine Feuer fing. Laut Industriebaurichtlinie hätten zwei feuerbeständige, sich gegenüberstehende, raumabschließende und unabhängig voneinander standsichere Wände aus nicht brennbaren Baustoffen als trennendes Element dienen sollen. Beim Anbau blieb dies allerdings unberücksichtigt und die Erweiterung wurde unmittelbar an die bestehende Wand angefügt, so Sperrle. Zwar konnte der Brand auf eine der beiden Hallen begrenzt werden, dennoch hat die Firma noch immer mit den Auswirkungen zu kämpfen. Der Grund: Versicherer haben nach einem Brand ein Sonderkündigungsrecht. Der Produzent hatte Glück, ein Versicherungskonsortium erklärte sich bereit, ihn weiterhin zu versichern, dieses machte jedoch Auflagen, die über ein behördliches Brand­schutzkonzept weit hinausgingen. Ein weiterer großer Brandschaden ein Jahr später führte indes dazu, dass sich der Betrieb nicht mehr 100 prozentig gegen Feuer versichern konnte. Sperrle mahnte deshalb: „Gerade im Industriebau ist immer eine frühzeitige Beteiligung des Sachversicherers notwendig. Oftmals werden hier betriebsartspezifischen Forderungen gestellt. Diese müssen umgesetzt werden, um die volle Versicherungssumme zu erhalten.“

Anschließend sprach der Sachverständige für vorbeugenden Brandschutz Marcel Hommens über das Thema „Brandschutz out of the box“: ein Plädoyer für Verhältnismäßigkeit und Kreativität im Brandschutz. Das A und O eines fundierten Brandschutzkonzeptes ist laut Hommens die Bestandsaufnahme. Bleibe der Bestand unberücksichtigt, dann sehe das Brandschutzkonzept vielleicht auf dem Papier gut aus, das Gebäude könne danach aber möglicherweise nicht mehr genutzt werden, weil die Anpassungen zu teuer sind. Außerdem seien kreative Lösungen gefragt. Als Beispiel führte Hommens eine Versammlungsstätte mit Holzbalkendecke an, die den aktuellen Brandschutzanforderungen nicht mehr entsprach. Die Holzbalkendecke konnte schließlich durch den Einbau einer Wassernebellöschanlage erhalten werden.

Dr.-Ing. Jürgen Wiese, Wissenschaftlicher Leiter der Sachverständigenpartnerschaft Halfkann & Kirchner, widmete sich ausschließlich der Industriebaurichtlinie. Diese wurde zuletzt im Jahr 2019 fortgeschrieben: Auch im Industriebau sollten Holzkonstruktionen stärker gefördert werden. Wiese gab eine kurze Zusammenfassung der Korrekturen: Im „vereinfachten Verfahren“ sind normalentflammbare Baustoffe auch für tragende und aussteifende Bauteile zulässig, „nicht brennbare“ Baustoffe können durch Holz ersetzt werden. Regale fallen nicht unter die Einbauten, sondern gelten als Betriebseinrichtungen. Anders begehbare Regale: Wenn diese als Rettungswege dienen, gehören sie zur Gebäudekonstruktion. Gerade dieses Beispiel zeige, dass sich der Industriebau nicht so leicht typisieren lasse, sodass auch Wiese fortwährend Kreativität und ingenieurtechnisches Know-How einforderte.

Florian Bischoff von der Berufsfeuerwehr Koblenz befasste sich mit Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Als Aufhänger nahm er den Brand eines E-Fahrzeugs in einer Tiefgarage in Kulmbach. Nach der Wiedereröffnung wurde diese für Elektro- und Hybridfahrzeuge gesperrt. Zu Unrecht, wie Bischoff anhand eines ausführlichen Studiums diverser baurechtlicher Bestimmungen aufzeigen konnte. Das Risiko, dass von Elektrofahrzeugen ausgehe, entspräche außerdem dem von Fahrzeugen mit anderen Antriebsarten. Eine höhere Brandlast würde sich ausschließlich aus den höheren Kunststoffanteilen in den aktuellen Fahrzeugmodellen ableiten.

Dr. Mareike Mähler vom Team HF Human Factors der Forschung Beratung Training PartG thematisierte schließlich die Mythen von Räumung und Evakuierung. Sie konnte zeigen, dass Menschen beim Hören eines Alarms keinesfalls sofort mit der Evakuierung beginnen. Auch scheuen sie keinen Rauch. Die Expertin konnte aber auch entkräften, dass Menschen in Gefahrensituationen egoistisch handeln. Wichtig bei der Rettung sei es, Führung zu übernehmen, klare Informationen und Anweisungen zu geben und im Vorfeld Fluchtwege deutlich zu kennzeichnen.