Verleihung des Architekturpreises Rheinland-Pfalz 2001

Rede von Präsident Günther Franz

Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz verleiht heute ein weiteres Mal ihren Architekturpreis Rheinland-Pfalz. Dazu begrüße ich Sie herzlich hier im Kleinen Haus des Staatstheaters Mainz - in Sonderheit die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtages wie auch alle weiteren Mandatsträger und politisch-administrativ Verantwortlichen und - mit Ihnen zusammen - alle diejenigen, die sich mit uns Architekten für eine verantwortungsbewußt gestaltete Umwelt engagieren.

Begrüßung und Dank zugleich gelten allen am Verfahren und am Zustandekommen dieser heutigen Veranstaltung Beteiligten sowie den anwesenden und an der anschließenden Verleihung beteiligten Jury-Mitgliedern Wolfgang Kil, Berlin und Rolf Schuster, Düsseldorf. Nicht zuletzt und vor allem unserem rheinland-pfälzischen Finanzminister Gernot Mittler, der diese Veranstaltung - im Anschluß an meine Begrüßung - mit seinem Redebeitrag bereichern wird.

Wenn wir als Veranstaltungsort wiederum das Kleine Haus gewählt haben, dann 1. weil der Anspruch dieses Ortes unseren Vorstellungen von räumlich-ästhetischer Qualität sehr weitgehend entspricht und wir ihn auch für die Zukunft - zusammen mit dem Großen Haus - als Ort der Begegnung von baukulturell Interessierten etablieren möchten; und 2. auch weil dieses benachbarte, in Sanierung begriffene - unmittelbar vor Fertigstellung befindliche - Große Haus sich als Bewältigung einer Aufgabenstellung präsentiert, deren Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: Der schöpferischen Ertüchtigung einer maroden historischen Bausubstanz vermittels zeitgenössischer Gestaltungsmittel - unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Ansprüche. Was Architektur zu leisten vermag, wird dieses von Stadt und Land getragene Projekt spätestens nach vollständiger Fertigstellung eindrucksvoll belegen können. Und wenn dadurch eine öffentliche Auseinandersetzung ausgelöst würde, wäre dies ein zusätzlicher Gewinn.

Die Demonstration dessen, was Architektur zu leisten vermag, ist für meine Kammer das erklärte Ziel auch des Architekturpreises Rheinland-Pfalz. Zugleich sehen wir darin einen Schritt zur Umsetzung unserer 10 Forderungen an eine zukunftsorientierte Bau- und Architekturpolitik in Rheinland-Pfalz, deren Einführung zusammen mit der rheinland-pfälzischen Landesregierung in Form eines "Runden Tisches" als Dauereinrichtung in diesen Tagen auf den Weg gebracht wird. Meinen Dank für die aufgeschlossene Haltung der Landesregierung, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung eines offenen Wettbewerbes für die Fachhochschule Mainz einer 1. Bewährungsprobe unterzogen wurde, statte ich gerne bei dieser Gelegenheit Herrn Minister Mittler ab.

Die rheinland-pfälzische Architektenschaft benötigt zur Erfüllung ihrer Aufgaben - und damit zugleich zur Sicherung der Arbeitsplätze in ihren Büros - eine konsequente, zeitnahe Etablierung dieses runden Tisches einschließlich der sich damit verbindenden Ansprüche. Dies - nicht zuletzt - angesichts eines besorgniserregenden Verfalles der Baukonjunktur und - in diesem Zusammenhang - eines zunehmenden Verfalles der guten Sitten auf dem Bau- wie auch auf dem Planungsmarkt. An auftragsinteressierte Kolleginnen und Kollegen gerichtete Erwartungen und Zumutungen - von der kostenlosen Vorplanung bis zum existenzgefährdenden Honorarnachlaß - sind ebensowenig nur die Ausnahme wie Vergabeverstöße öffentlicher Auftraggeber bis hin zu unverhohlener Vetternwirtschaft und - wie aus unserem Nachbarland Hessen zu hören - Korruption und Bestechung als Element der Auftragsvergabe in einem kaum vorstellbaren Umfang. Begünstigt, das alles, durch eine unbedachte Deregulierungswut, ausgetragen letztendlich auf dem Rücken der Steuer zahlenden Bürger.
Die konsequenten Folgen dieser Entwicklung sind wirtschaftlich ausgeblutete Architekturbüros - die Vernichtung von Arbeitsplätzen eingeschlossen - und allzuoft unzulängliche, - weil nicht kostendeckend und nach dem Prinzip der Willfähigkeit erbracht - Planungsleistungen. Eine Entwicklung, mit der weder die Architektenschaft noch eine zu ihrer baukulturellen Verantwortung stehende Landesregierung zufrieden sein kann. Eine Entwicklung, als deren weitere Folge eine große Zahl aufwendig - wenn auch leider nicht immer anforderungsgerecht - an 5 Hochschulstandorten im Lande ausgebildete Absolventen sich am Ende ihres Studiums auf der Straße wiederfindet oder sich auf die Flucht in eine zweifelhafte Selbständigkeit begibt.

Der Vorstand meiner Kammer hat sich vor wenigen Tagen im Rahmen einer Klausursitzung eingehend mit dieser komplexen Problematik befaßt und ist zu der Auffassung gelangt, daß dieser Situation nur durch eine Bündelung von Maßnahmen etwa in den Bereichen Ausbildung, Weiterbildung, Vergabepraxis und vor allem öffentlicher Überzeugungsarbeit zugunsten eines veränderten baukulturellen Bewußtseins entgegengewirkt werden kann.

Dennoch, oder gerade deshalb, lassen Sie uns aus den Niederungen bedrückender Realitäten zu den noch immer vorhandenen schönen Seiten des Architektenberufes kommen. Schließlich - denke ich - sollte uns das Ergebnis unserer heutigen Preisverleihung Mut machen, Bestätigung verschaffen. Mut machen, nicht zuletzt deshalb, weil die mit Preis oder Auszeichnung bedachten Projekte durchweg als das Resultat einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ambitionierter Kolleginnen und Kollegen auf der einen, aufgeschlossener Bauherren auf der anderen Seite anzusehen sind. Auch wenn das Ergebnis leider einen tendenziellen Rückzug der öffentlichen Auftraggeber aus ihrer Vorbildfunktion zu bestätigen scheint.

Aus insgesamt 61 eingereichten, überdurchschnittlich qualitätvollen Projekten, davon nahezu die Hälfte aus dem Bereich Wohnungsbau, haben insgesamt 9 Arbeiten den Sprung in die Beurteilungsgruppe "Engere Wahl" erreicht. Davon wurden 4 mit Anerkennungen und schließlich 1 mit dem Architekturpreis Rheinland-Pfalz bedacht. Ihnen durchweg eigen ist, - neben der überschaubaren, unspektakulären Größe - die Klarheit und Konsequenz der Konzeption, Mut und Ehrlichkeit bei der Materialwahl und eine ausgeprägt sorgfältige Detailausbildung. Prädikate, die gerade bei den vermeintlichen Alltagsaufgaben leider eher Seltenheitswert besitzen und schon deshalb beispielhafte Herausstellung verdienen. Wenn Sie so wollen, als Ermutigung für alle diejenigen, die im Bauen mehr als nur die Deckung eines Raumbedarfes und die damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen und Zwänge sehen.

Wenn einer der heute auszuzeichnenden Projektverfasser für sich feststellt - ich zitiere - "Häuser bauen ist unser Beruf, das macht Spaß, deshalb haben wir Architektur studiert. Dafür brennen wir, dafür schlafen wir oft zu wenig, dafür setzen wir Himmel und Hölle in Bewegung. Wenn man etwas damit realisieren kann, dann gibt das Kraft und Selbstsicherheit, und dann ergibt sich ja vielleicht sogar irgendeine Chance, auf das generelle Problem, also die allgemeinen negativen Entwicklungen, Einfluß zu nehmen." dann gibt diese Einschätzung vor allem Auskunft über die Bereitschaft und den Idealismus einer nachrückenden Architektengeneration ihren Beitrag für eine qualitätvolle und nachhaltig gestaltete gebaute Umwelt leisten zu wollen und zu können.

Ich denke, wir dürfen uns auf einen interessanten Veranstaltungsablauf freuen, für dessen inhaltliche Vertiefung wir im Foyer die erstmalige Präsentation der besten Projekte des Verfahrens bereithalten sowie außerdem eine Dokumentation dieser Projekte in Form einer Broschüre mit begleitenden Textbeiträgen von Wolfgang Kil und Ursula Baus.